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Claus Reitan (ORF2 Do, 08.05.2014, 20:15)
Das #tvDuell zur Europawahl

Das TV-Gespräch von Martin Schulz und Jean-Claude Juncker zum Thema Europa war ein Gewinn in der Sache und eine verdiente Belehrung für manche der Medienmacher: Alleine der Begriff "TV-Duell" ist unpassend genug! Es gibt keine TV-Duelle! Ein Duell ist etwas gänzlich anderes als ein Gespräch, eine Kontroverse, ein Austausch von Meinungen und von Vorschlägen. Am Beispiel Ukraine: Dort wird geprügelt und geschossen, verletzt und gestorben. Und nun sollen sich EU-Politiker über die Frage, wie dieser Konflikt zu lösen ist, ein - ausgerechnet! - TV-Duell liefern? Wie unsachlich, wie unangemessen ist das? Sollen die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten zu jedem Bürgerkrieg eine diskursive Nachlese bieten, vielleicht unter dem Titel: "Schon Tausende Tote in Syrien - sehen Sie bei ORF und ZDF das Europa-Duell zum Bürgerkrieg!" Juncker und Schulz sind jedenfalls nicht in die Falle getappt, die mit dem Plott des TV-Duells schon aufgestellt und ausgeleuchtet war. Die Enttäuschung darüber war bei den ORF-Kollegen des Hörfunks dann auch bemerkbar, berichteten sie doch tags darauf, von einem Duell könne man bei dieser Debatte kaum sprechen. Danke, ja, genau so ist es: Wir wollen kein Duell, sondern ein sachliches Gespräch über Europa und die EU, welches Wahlmöglichkeiten aufzeigt. Apropos Wahl: Welche Fragen hätten die Moderatoren gewählt, hätten sie nicht die zugezwitscherten zur Vefügung gehabt? Oder andersrum ausgedrückt: Wenn Journalisten die Öffentlichkeit nur via Twitter und Facebook einzuholen vermögen, verschaffen sie diesen Internetdiensten Präsenz und beschränken diese zugleich auf jene Öffentlichkeit, die sich dieser Kanäle bedient. Das kostet übrigens Zeit: von den angekündigten 90 Minuten Sendezeit entfielen etwa 50 Minuten als Redezeit für Juncker und den meist zuerst befragten Schulz. Was bleibt? Endlich eine ruhige sachliche Debatte, dank Juncker und Schulz. Mit etwas weniger TV-Hokuspokus wäre inhaltlich noch mehr drinnen gewesen.