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Werner Grotte (radion Sa, 30.08.2014, 20:04)
Sommerträume

Ein seltenes Erlebnis: Rainhard Fendrich und Wolfgang Ambros vor gut 8.000 begeisterten Zuhörern unter freiem Himmel am Purkersdorfer Hauptplatz – und Radio Niederösterreich brachte eine Direktübertragung! Ein schönes Gefühl nach den Affronts heimischer Musik durch Ö3. Man darf also den ORF bzw. sein blau-gelbes Landesstudio durchaus einmal loben.

Dabei blieb das Erlebnis sogar zweifach exklusiv: Nicht nur die ehemals arg zerstrittenen Austria3-Partner Ambros-Fendrich spielten wieder harmonisch zusammen wie weiland beim Schulschluss Open-Air im Weststadion 1982, rissen Schmäh und brachten Nummern aus der gemeinsamen A3-Zeit mit Georg Danzer. Auch die Eröffnung durch Purkersdorfs SPÖ-Bürgermeister und Ex-Innenminister Karl Schlögl und ÖVP-Landeshauptmann Erwin Pröll erwies sich als Partei- und Ideologiefreie Zone. Hier ging es nur um Unterhaltung. Und Pröll blieb nicht nur zur Eröffnung sondern bis weit nach der Zugabe.

Musikalisch erwies sich der in Ehren ergraute Fendrich zunächst als starkes Zugpferd, von Matscho Matscho bis Zwischen ans und vier. Aber beim Erscheinen des vergreisten, aber lebendigen Wolferl ging noch einmal ein kräftiger Ruck durch die Fans. Auch wenn er nicht mehr so kann wie früher: Jedes Bonmot, jeder Akkord von ihm machte Stimmung. Ein müder Gigant. Aber ein Gigant.

Hinter solchen Auftritten steckt natürlich kein Politiker, sondern ein engagierter Gastwirt: Niki Neunteufel, der mit Wolfgang Ambros aufgewachsen ist und sein Lokal Nikodemus am Purkersdorfer Hauptplatz zum Zentrum internationaler Künstler gemacht hat.

Wer kann schon sagen, dass bei ihm Koohl & the Gang, Eric Burdon, Manfred Manns Earth Band, die Spyder Murphy Gang, Nena, das Electric Light Orchestra, die EAV, STS oder zuletzt heuer Jimmy Cliff und Bonny Tyler aufgetreten sind? Die meisten dieser Stars haben in den letzten Jahren nicht einmal in Wien gespielt, nur in Purkersdorf. Und das bei freiem Eintritt.

Eigentlich wäre das mehr wert als „nur“ im Landesstudio Niederösterreich vorzukommen. Aber immerhin.

Im Internet berichtet der ORF stattdessen eifrig über den „Kopulationsring Ball“ im Rahmen der „Wienwoche“ zum Thema Migration als „queere Antwort“ auf den Akademikerball. Was auch immer das sein mag. Und natürlich über die „Street Parade“, wegen der der Ring den ganzen Samstag Nachmittag über zum Gaudium aller nicht-schwulen Wiener wieder einmal gesperrt war.