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Claus Reitan (ORF2 So, 05.10.2014, 19:30)
Zeit im Bild

Conchita Wurst ist nicht das Maß aller Dinge, selbst wenn ihn Raimund Löw in der Sonntag-ZiB dafür journalistisch missbraucht. Tom Neuwirth, Sänger in Frauenkleidern und mit aufgetragenem Bart, ist auf Initiative der Grünen in seiner Rolle als Conchita Wurst vor das Europäische Parlament geladen. Doch dagegen regte sich Skepsis und Kritik, berichtete Löw, namentlich aus dem streng konservativen und rechtspopulistischen Lager. Und das, so Raimund Löw weiter, obwohl schon die Musikerinnen Pussy Riot und der Rocksänger Bono Gäste vor dem Europäischen Parlament gewesen seien, ja, im November sogar Papst Franziskus dort erwartet werde. Die Art, wie Löw das präsentiert, macht einen unvoreingenommenen Zuseher fassungslos. Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Pussy Riot steht für einen in Russland äußerst hart geführten Konflikt zwischen künstlerischer Freiheit und ihrer staatlichen Reglementierung. Bono steht für Initiativen und Spenden in Millionen-Höhe für Afrika, für globalen Schuldenerlass et cetera. Und Conchita Wurst? Hat einen Unterhaltungs-Wettbewerb des Fernsehens gewonnen, als junger Mann in Frauenkleidern. Okay. Aber das für einen Sieg der Toleranz und ein Signal für Offenheit zu erachten war immer schon unfassbar übertrieben. Was bleibt also von diesem famosen ZiB-Beitrag? Das ist zum Greifen: Die Nachrichten-Redaktion des ORF soll Conchita Wurst nicht zum Maßstab aller politischen Dinge nehmen, selbst wenn er ihr aus der benachbarten Unterhaltungs-Abteilung angeliefert wurde. Oder vielleicht sogar aufgedrängt? Damit die Kunstfigur am Leben bleibt, bis der Song Contest 2015 nach Österreich kommt? Auf Einladung des ORF.