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Werner Reichel (ORF1 Fr, 14.11.2014, 19:45)
ZIB Magazin

Die Verlagsbranche ist im Umbruch. E-Books verdrängen zunehmend das gedruckte Buch, Amazon macht dem stationären Buchhandel das Leben immer schwerer und ein Buch zu veröffentlichen, sei es elektronisch oder gedruckt,  ist heute einfacher denn je. All diese digitalen Entwicklungen hat die Musikbranche bereits hinter sich.  Anlässlich der Wiener Buchmesse berichtet der ORF über diese neuen Trends und vor allem über das boomende „Selfpublishing“. Das hat Amazon ebenfalls revolutioniert.

Und der ORF kommt dabei ganz ohne das sonst übliche Amazon-Bashing aus, das viele Autoren, Verlage und Buchhändler ansonsten gerne betreiben. Man bleibt sachlich. Das ist lobenswert. Seltsam an einem Beitrag über das Selbstverlegen von Büchern ist allerdings, dass ausschließlich Verlagsvertreter und ein bekannter Bestsellerautor, nämlich Wolf Haas, zu Wort kommen. Auch sie verzichten in ihren Statements auf die Dämonisierung des US-Konzerns und loben, wenn auch nicht ganz glaubwürdig,  „Selfpublishing“ als Ergänzung zum Verlagsangebot. Da hat offenbar ein Strategiewechsel in der öffentlichen Kommunikation stattgefunden. Weniger Selbstmitleid und Gejammer, dafür etwas mehr demonstratives Selbstbewusstsein. Gut so. Das ist offenbar auch der Grund, warum der ORF relativ sachlich berichtet, man übernimmt ganz einfach die neue Kommunikationstrategie der Buchbranche.  Bisher war ja Amazon auch für den Staatsfunk ein böser, gieriger, weltumpsannender Konzern, der „unseren“  Jelineks, Franzobels und Menasses das Wasser abgräbt.

Für den Seher wäre es jedenfalls wesentlich spannender und interessanter  gewesen, auch Autoren präsentiert zu bekommen, die erfolgreich ohne Verlag und staatliche Zuschüsse  Bücher veröffentlichen. So viel Selbstbewusstsein hatte man dann doch nicht. Dass Menschen nicht mehr auf die zumeist politisch-korrekten Torwächter in den Verlagen und Förderstellen angewiesen sind, um ihre Ideen und Ansichten  in Buchform zu veröffentlichen, ist den ebenfalls politisch-korrekten Redakteuren im Staatsfunk dann doch nicht ganz geheuer. Der neue Selfpublishing-Trend bedeutet nämlich deutlich mehr Meinungsfreiheit. Das ist vielen nicht geheuer. Sie wünschen sich offenbar,  in Anlehnung an den russischen Präsidenten Putin, eine "gelenkte" Meinungsfreiheit.