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Werner Grotte (ORF2 Do, 27.11.2014, 21:05)
Am Schauplatz

„Frauen unter Druck“ kündigte die Vorschau der Sendung reißerisch an. Auch in der Anmoderation ließ es Peter Resetarits nicht an Dramatik fehlen und prangerte den „Wahnsinn des modernen Frauenbildes an, das uns Role Models und einschlägige Magazine vorleben. Sie sollen Kinder haben, im Job erfolgreich, finanziell unabhängig und auch noch schön sein“. Bei aller Mühe, die sich das Schauplatz-Team scheinbar gab, solche armen „Frauen unter Druck“ zu finden, ergab der Sukkus der etwa zehn vorgestellten Frauenportraits, dass es so schlimm gar nicht sein kann. Die Darstellerinnen hatten ihr Leben allesamt ganz gut im Griff und zeigten keine großen Anzeichen allzu großen Überdrucks.

So erlebten wir eine einfache Mutter, die sich ihre Arbeitszeit als Luxus-Immobilienmaklerin ganz gut einteilen konnte und abends im Fitness-Studio ihres Mannes beim Thai-Boxen ordentlich Druck ablassen konnte. Wir lernten die Chefin eines Mechatronik-Betriebes kennen, die drei Frauen und elf Männer dirigiert – darunter ihr Mann und der Ex-Mann. Quasi „nebenbei“ hatte sie zwei Kinder großgezogen und war vier Tage nach deren Geburt schon wieder in der Firma – allerdings freiwillig und ohne nachhaltige Negativauswirkungen. Auch sie entspannt zwischendurch beim Krafttraining mit ihrem Mann. Und durfte Sätze sagen wie „der ganze Schönheitswahn ist doch nur gesellschaftlicher Druck. Wenns't dann einen einzelnen Mann fragst, ob ihm seine Frau jetzt besser g‘fallt, hörst‘ meistens, die hat mir vorher auch schon g’fallen. Welcher Mann will denn schon eine Frau, ausgestopft mit Silikon?“

Man stellte auch eine vierfache Mutter und Hausfrau vor, die sich in ihrer Rolle sehr gut gefiel, genauso wie ihr Mann. Es fielen Sätze wir „das alte System, wo der Mann das Geld verdient und die Frau sich um Haushalt und Kinder kümmert, hat viel besser funktioniert, als das, was die Gesellschaft uns heute als Idealbild suggerieren möchte“. Schließlich lernten wir eine türkische zweifache Mutter kennen, die in einer Wäscherei für 820 Euro im Monat (bei 30 Wochenstunden) arbeitet und damit auch ihren arbeitslosen Mann entlastet. Der wiederum schupft erstmals in seinem Leben nun den Haushalt. Selbst die vier machten einen relativ entspannten Eindruck. „Friseur und anderer Luxus geht sich halt nicht aus“.

Eine ebenfalls vorgestellte Rapperin erklärte an der Seite ihres Mannes dezidiert, dass man eher keine Kinder wolle, weil das neben Geldverdienen und Liebe zur Kunst einfach zu viel Belastung darstelle.

Schließlich stellte sich auch eine Vorarlberger Kosmetikerin vor, die sich mangels Partner und Familienplanung im Ausland Eizellen entnehmen und einfrieren ließ, da diese ab Mitte dreißig immer mehr altern und weniger fruchtbar werden. Vielleicht kommt der „Richtige“ ja noch. Auch zwei weitere Alleinstehende beklagten primär, dass in ihrem Alter „schon alle vergeben sind“.

Obwohl die Männer kaum zu Wort kamen, zeigte sich ziemlich deutlich, dass Frauen mit einem guten Partner sich durchaus verwirklichen können, aber nicht müssen, während Alleinstehende eher unrund wirken. Wenn das die Quintessenz einer „Frauen unter Druck“-Reportage ist, dann ist das Ergebnis eine ziemliche Themaverfehlung. Zum Glück.