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Elisabeth Hennefeld (oe1 Fr, 30.01.2015, 18:20)
Europa-Journal

Die Medien des ORF berichten weiter eifrig über die Entwicklungen in Griechenland, wie inspirierend sie für andere Parteien in Europa sind. Doch wie bedenklich die ganze Lage für Gesamteuropa ist, wird entweder nicht erkannt oder verschwiegen.

Griechenland lässt Muskel spielen, die es eigentlich nicht hat, kündigt Abkommen mit den europäischen Partnern, die diese nur aus naivem guten Willen bar jeder finanzmathematischer Vernunft bekommen hat. Die Jubelrufe der Presse dazu sind ganz besonders verstörend; im britischen „Guardian“ war dieser Tage ein äußerst schauriger Artikel zu lesen. Der Kuschelkurs der Griechen mit Russland mag dabei nur Show sein. Aber spielen wir das Szenario kurz durch:

Griechenland beendet tatsächlich die Zusammenarbeit mit der EU und bekommt Übergangskredite aus Russland. Das Beispiel macht Schule und die anderen Euro-Krisenländer lassen sich von Russland aus der Patsche helfen. Alles nur sehr kurzfristig natürlich, aber für den einen oder anderen populistischen Wahlkampf wird es sich schon ausgehen. Die EU ist damit komplett lahm gelegt, nicht nur in Fragen der überschuldeten Staatshaushalte und dem Euro, sondern auch beim Konflikt um die Ukraine.

Die finanzpolitische Suppe darf trotzdem die EU auslöffeln, weil sie mit Griechenland und Co. immer noch im gleichen Währungsraum festsitzt und sie unter der Instabilität dieser Länder weiter leidet, auch wenn Finanzspritzen von außen kämen. Und der lachende Sieger ist Russland. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs vor 25 Jahren ist seine Einflusssphäre in Osteuropa massiv geschrumpft, weil auf der anderen Seite eine solide wirtschaftliche und politische Union gesessen ist, dem die zerbröselnde Sowjetunion oder die marode russische Föderation nichts entgegen zu setzen hatte.

Doch nun schwächelt der in Russland als bedrohlich wahrgenommene Riese im Westen. Und das reicht schon, um die im Großen und Ganzen erfreuliche Entwicklung des Kontinents im letzten Vierteljahrhundert in Gefahr zu bringen. Eine griechische Kommunikationswissenschaftlerin analysiert im Europa-Journal auf Ö1 die Auswirkungen des Regierungswechsels in ihrem Land auf Europa. „Eine andere Politik ist möglich“, sagt sie. Oh ja, das fürchte ich auch.