ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


Gudula Walterskirchen (oe1 Mo, 21.09.2015, 14:40)
Moment - Leben heute

Die neue Sendereihe von Ö1 „Fluchtgeschichten“ ist nur ein Beispiel von vielen dafür, wie der ORF zunehmend die Grundregeln des seriösen Journalismus grob missachtet. Da werden von Flüchtlingen rührselige oder auch erschütternde Geschichten erzählt – und unkommentiert stehen gelassen. Das erweckt beim Hörer den Eindruck, dass es sich um Tatsachenberichte handelt, dass jedes Wort wahr sei.

Dabei muss man nicht Publizistik studiert haben, sondern nur seinem Hausverstand folgen, um zu bedenken, dass Menschen dazu neigen, Dinge so erzählen, dass sie in einem guten Licht dastehen. Das gilt umso mehr für Flüchtlinge, die darauf hoffen, dass ein Asylverfahren für sie günstig ausgeht. Das ist ihnen nicht zum Vorwurf zu machen, sollte aber jeweils zumindest erwähnt werden.

Bei der gesamten Flüchtlings-Thematik praktiziert der ORF immer weniger Berichterstattung, sondern betreibt Campaigning, etwas, das normalerweise dem Boulevard zugeschrieben wird. Kritik wird bewusst ausgeblendet. Das verträgt sich keinesfalls mit seriösem Journalismus und schon gar nicht mit einem öffentlich-rechtlichen Auftrag.

Es sei aber auch erwähnt, dass es dabei einige wenige löbliche Ausnahmen gibt, die nicht dem plumpen Gut-Böse-Schema unterliegen. So etwa gelingt es Christian Wehrschütz nicht nur die Situation der Flüchtlinge realistisch und professionell-distanziert darzustellen, sondern auch jene der Behörden.

Die Kollegen des ORF sollten sich bitte an ihre Professionalität erinnern und diese auch dann umsetzen, wenn sie persönlich berührt sind. Die Konsumenten wollen Fakten, Objektivität und nicht nur große Gefühle.

Wir brauchen kein Campaigning, sondern echte Information!