ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


Kurt Ceipek (oe1 Sa, 09.04.2016, 12:00)
Mittagsjournal

Einen halben Tag lang war ORF-Redakteur Klaus Webhofer als Wahlkampfbeobachter mit dem „unabhängigen“ Präsidentschaftskandidaten der Grünen, Alexander Van der Bellen, in Graz unterwegs. Die Reportage darüber fiel idyllisch aus. Auf Märkten sei Van der Bellen gerne unterwegs. Webhofers O-Ton: VdB spaziere auf Märkten „nicht unbedingt als Menschenfischer, aber als Einkäufer.“ Da fragte VdB, vom ORF-Mikrophon belauscht, „was soll ich denn nach Wien mitnehmen“. Die nicht ganz überraschende Antwort der Marktstandlerin: „Steirisches Kernöl.“ VdB: „Das ist wahr.“

Webhofer beschreibt Van der Bellen als zurückhaltenden, fast schon schüchternen Wahlkämpfer und fügt hinzu: „Bilder mit dem freundlichen Professor sind aber gefragt.“

Die vom ORF befragten Passanten finden ausschließlich freundliche Worte für den so zurückhaltenden Wahlkämpfer. „Das einzige was mich stört an ihm ist, dass er raucht“, darf eine potenzielle VdB-Wählerin ins Mikrophon sagen, und fügt hinzu, über solche Kleinigkeiten müsse man hinwegsehen. Webhofer fügt noch ein Zitat Van der Bellens hinzu, „irgend ein Kammerl“ in der Hoffnung werde sich für den Raucher schon finden.

Dass der ORF mit Bundespräsidentschaftskandidaten auch deutlich rauer umgehen kann zeigte sich im folgenden Beitrag, einem Interview mit Richard Lugner. Der wurde vom Moderator in eher geringschätzigem Tonfall als „83-jähriger Baumeister in Pension“ und „schriller Star so mancher Reality-Show im Privatfernsehen“ angekündigt. Wolfgang Werth wartete mit aggressiven Fragen auf wie: „Wozu braucht es einen Bundespräsidenten Lugner? Oder „Die Freiheitlichen müssen für Sie unbedingt in einer Regierung sein.“ Lugners naheliegende Antwort: Wenn die FP deutlich stimmenstärkste Partei wäre, müsse man sie in die Regierung einbinden.

Wolfgang Werths Zusatzfrage: „Haben Sie bei der letzten Wahl FPÖ gewählt? Sie dürfen das sagen, weil das Wahlgeheimnis gilt nur für den Staat, nicht für den einzelnen Bürger.“ Klarerweise bekam der ORF-Mann darauf keine Antwort, hatte aber seine Botschaft, Lugner sei wohl FPÖ-Wähler, schon an die Hörer gebracht.

Weitere Sätze aus dem Zitatenschatz des ORF-Redakteurs: „Sie wollen ja nicht Präsident der Lugner-City werden, sondern Präsident von Österreich.“ „Sollte man das Tragen der Burka in Österreich verbieten?“ „Ist es fair, wenn Sie als Bundespräsident 24.000 Euro im Monat bekommen und die anderen machen die Arbeit?“

Weder der Beitrag über Van der Bellen noch jener über Lugner wäre einer besonderen Erwähnung würdig, wäre da nicht dieser deutlich spürbare Unterschied in Wortwahl und Tonfall der Redakteure. Wohlwollende Bewunderung beim einen, spürbare Geringschätzung beim anderen. Journalisten im allgemeinen und jene bei einem öffentlich-rechtlichem Medienunternehmen beschäftigten ganz besonders, haben gewissenhaft neutral zu recherchieren, zu befragen und zu berichten. Der ORF agiert aber wie ein Teil der Wahlkampfmaschinerie von Rot und Grün. Und dafür kassiert der ORF Gebühren von (fast) allen Österreichern.