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Andreas Steiner (ORF3 Do, 09.02.2017, 14:50)
Die liebe Familie

Die "nicht sehr liebe Familie" auf ORF III.

Das vor etwas mehr als fünf Jahren gestartete ORF III fühlt sich nach seiner eigenen Definition der Vermittlung von "Kultur und Information" verpflichtet. Das Ergebnis ist eine im Grunde nicht uninteressante Mischung aus Geschichtsdokumentationen, Sendungen aus dem Bereich der Volkskultur, Theaterproduktionen sowie Serien aus den Archiven und vor allem auch aktuellen Übertragungen aus dem Parlament.

So passt es im Grunde hervorragend in das Sendeschema, wenn man in diesen Tagen das von 1980 bis 1993 fast jeden Samstag gelaufene Stegreifspiel "Die Liebe Familie" wiederholt. Viele Publikumslieblinge und große Theaterschauspieler hatten in dieser Fernsehfamilie ihren Auftritt. Eine ganze Generation war mit dem Sektionschef Lafite (Franz Stoß), seiner Gattin Hilla (Hilde Krahl), dem jovialen Onkel Guido (Guido Wieland), dem viel zu früh verstorbenen Ernst (Ernst Meister), seiner Gattin Elfi (Elfriede Ott) oder dem Freund des Hauses Heinz (Heinz Marecek) aufgewachsen. Nicht zu vergessen natürlich auch die Perle des Hauses, die Haushälterin Frau Sokol (Erne Seder). In diversen Gastrollen durfte man darüberhinaus viele weitere Größen aus der Welt der Bühne bewundern.

Man darf daher zunächst einmal dem ORF durchaus gratulieren, dass er seinem Publikum die übrigens nicht auf DVD erhältliche Sendereihe in einer werktäglichen Wiederholung neu präsentiert. Die Art und Weise, wie das gemacht wird, ist allerdings an Stümperhaftigkeit und Lieblosigkeit kaum zu überbieten.

Um es klar zu betonen: Es handelt sich bei der "Lieben Familie" um eine Serie aus circa 380 Folgen. Naturgemäß stehen diese Folgen auch in einem inneren Zusammenhang. Es gibt Veränderungen in der Familie, es stoßen neue Figuren dazu. Es gibt große und kleine Freuden, Katastrophen, Entwicklungen. Verständlicherweise macht das Betrachten der einzelnen Folgen nur dann richtig Sinn, wenn man auch die Möglichkeit hat, eine Folge nach der anderen zu konsumieren. Das erklärt sich für jedermann von selbst, der schon einmal eine Fernsehserie, gleich welche, genießen wollte.

Aber was macht der ORF? Zum großen Leidwesen der noch immer unerwartet großen Fangemeinde dieser Serie serviert man den Zuschauern ein Flickwerk gleich einem löchrigen Schweizer Käse. Das kommt dadurch zustande, dass man aufgrund aktueller Übertragungen (meist aus dem Parlament), ganz einfach mehrere Folgen entfallen lässt. Wohl gemerkt: ohne sie nachzuholen! Weder im Nachtprogramm noch am nächsten Tag.

Darüberhinaus werden auch manche Episoden schlichtweg verwechselt, zur falschen Zeit gesendet und manches mehr. Wer sich enttäuscht oder besorgt an den Kundendienst mit der Bitte wendet, man möge doch verstehen, dass nur eine komplette Ausstrahlung einer Serie wirklich Sinn macht, wird mit dem lapidaren Stehsatz, dass die ausgefallenen Folgen "aus organisatorischen Gründen" nicht nachgeholt werden können, für dumm verkauft.

Lieber ORF, wir haben verstanden. Ihr WOLLT sie einfach nicht nachtragen. Denn der GIS-zahlende Zuseher ist nicht wirklich wichtig. Wichtig ist nur, dass die "Programmplanung" nicht verändert wird.

Warum ich dies hier auf ORF-Watch erwähne? Nun zum einen deshalb, weil auch mir diese Serie am Herzen liegt. Zum anderen aber deshalb, weil ich damit aufzeigen möchte, wie weit sich die Strukturen "unseres" öffentlich rechtlichen Rundfunks von den einzelnen Bürgern entfernt haben. Der Dienst am GIS-zahlenden Bürger ist ein Fremdwort geworden. Das betrifft eben nicht nur die politischen Sendungen, über die von meinen Kollegen hier auf ORF-Watch oft genug zu Recht berichtet wird, sondern auch den scheinbar ganz harmlosen Bereich der Fernsehunterhaltung auf einem Kulturspartensender.

PS: Wer die Anhänger der "Lieben Familie" unterstützen möchte, der sei herzlich eingeladen, seinen Unmut über diese Form der Ausstrahlung direkt dem ORF per Kundendienst kundzutun. Nur so kann man sie zum Umdenken zwingen. Nicht nur im Bereich harmloser Fernsehunterhaltung, sondern auch in den eigentlich wichtigen Bereichen, für die ein öffentlichrechtlicher Rundfunk da zu sein hat.