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Kurt Ceipek (Teletext Seite Sa, 04.03.2017, 22:04)
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Das weltweit angesehene US-amerikanische Time-Magazin wählt nicht nur jedes Jahr die mit Spannung erwartete „Person des Jahres“, sondern kürt auch weltweit zehn Führungspersönlichkeiten der nächsten Generation. Gewählt werden dabei nicht in erster Linie Politiker, sondern junge und erfolgreiche Frauen und Männer aus allen Gesellschaftsbereichen.

Die Tatsache, dass es mit Außenminister Sebastian Kurz ein Österreicher auf diese viel beachtete Liste schaffte, ist für die heimischen Medien und politisch interessierte Österreicher einigermaßen lesenswert. In der Tageszeitung „Die Presse“ lag die Meldung über großes Time-Magazin-Lob für den rot-weiß-roten Jungpolitiker binnen weniger Stunden an der Spitze der meistgelesenen Artikel. Auch in allen anderen ernstzunehmenden heimischen Medien wurde das Thema prominent gemeldet.

In allen Medien?

Ein viel beachtetes, aber immer weniger ernst genommenes Medium versucht, sich so gut wie möglich um die Meldung herumzudrücken. Das ist nicht weiter erstaunlich, denn Kurz wird schon seit langem als ernsthafte Gefahr für die SPÖ, die Grünen und auch alle anderen Parteien wahrgenommen. Deshalb wird Kurz von linken ORF-Redakteuren so gut wie möglich bekämpft.

Was hat der ORF also aus dem ehrenvollen Auftauchen von Sebastian Kurz auf der Time-Magazin-Liste gemacht? Ganz verschweigen konnte man das Thema nicht, deshalb wurde im samstägigen Mittagsjournal eine kurze Meldung darüber gebracht. Als vorletzte Meldung war sie sozusagen gut versteckt.

Der meistgesehenen Sendung des Tages, der Zeit im Bild um 19:30 Uhr, war das Thema keine Meldung wert. Auch auf ORF.at sucht man vergeblich danach. Besonders originell ist dagegen die zugehörige Meldung im ORF-Teletext. Dort gibt es gleich zwei Kurz-Meldungen hintereinander.

Auf Teletext-Seite 116 wird ein weithin unbedeutender türkischer Minister zitiert, der Kurz tadelt, weil der „seinen Job nicht ordentlich macht“ und von anderen EU-Außenministern „nicht Ernst genommen“ werde. Das zugehörige Interview erscheint im aktuellen Profil, das auch nicht gerade zu den Kurz-Förderern gehört. Damit ist der Leser gut auf die Teletext-Seite 117 vorbereitet, wo in erkennbarer Kürze und spürbarer Distanz die ehrenvolle Nennung von Sebastian Kurz auf der Top-Ten-Liste des Time Magazins gemeldet wird.

Man darf erwarten, dass diese – für den ORF offenbar unangenehme – Meldung bald völlig aus allen ORF-Medien verschwunden sein wird. Schließlich besteht die Gefahr, dass Kurz dadurch weitere Sympathisanten gewinnen könnte. Und das muss man doch so gut wie möglich verhindern.