Wenn sich ein Politiker, der sich gerade prominent im Wahlkampf befindet, in seiner Vergangenheit etwas zu Schulden kommen hat lassen, was man vielleicht als unsauber, unvereinbar oder als Nepotismus (vulgo Freunderlwirtschaft) bezeichnen kann, dann ist das zwar nicht die gleiche Kategorie wie etwa Korruption, Amtsmißbrauch oder dergleichen, aber doch eben unsauber und unmoralisch. Also etwa wenn man die eigene Ehefrau gegen ein üppiges Salär anstellt, die erbrachte Leistung gleichzeitg fragwürdig erscheint, oder etwa Freunden zu gut dotierten Jobs in der EU-Bürokratie verhilft.
Und natürlich, wenn so jemand also gerade intensiv wahlkämpft und anstrebt, künftig ein Land zu regieren, ja dann müssen natürlich der reinen Ethik verpflichtete Journalisten so etwas thematisieren, möglichst laut, möglichst auf allen verfügbaren Kanälen und möglichst oft wiederholend. Bis auch der letzte Nachtrichtenverweigerer verstanden hat, dass dieser oder jener eben ein sehr unmoralischer Mensch sei. (Die 'Unschuldsvermutung', welche uns seit der Aufklärung als eines der kostbarsten Rechtsprinzipien galt, kommt dabei 'etwas' unter die Räder aber man kann schließlich nicht alles haben, wenn man die Stufe des ethisch reinsten Journalismus erreicht hat.)
Und neben den moralisch reinen, jeglicher Parteipolitik und politischer Gesinnung vollkommen abholden Journalisten (natürlich nimmt man als Dank schon auch mal den 'Bruno-Kreisky-Preis' vom nicht ganz so unabhängigen Renner-Institut entgegen), müssen natürlich auch die dem unabhängigen Recht verschriebenen Juristen - welche selbstredend ebenfalls vollkommen frei von politischer Gesinnung sind und natürlich nur nach streng objektiven Gesichtspunkten handeln - derartigen Anschuldigungen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln vorgehen. Das versteht sich ja von selbst.
Einzige Einschränkung: das gilt allerdings nur dann, wenn es sich bei dem wahlkämpfenden Politiker z.B. um einen 'Konservativen' handelt. Sozialisten und Grüne sind davon ausgenommen, weil sie schließlich selbst die Fahnenträger der moralisch und ethisch reinen Lehre sind, die man nicht bei der Erfüllung ihrer Mission stören soll.
Wie man gerade schon am Beispiel Francois Fillon (Frankreich) und Martin Schulz (Deuschland) gut sehen kann. Und auch der ORF möchte verständlicherweise seine Hörer und Seher nicht mit Vorwürfen gegen Martin Schulz verunsichern, wenn man gleichzeitig berichten kann, dass dieser beim SPD-Parteitag grandiose 100 Prozent Zustimmung erzielt habe und dies "die Union in höchste Unruhe" versetze (wie eine typisch fundierte Meldung im Ö1 Journal lautete).