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Kurt Ceipek (ORF2 Di, 25.04.2017, 22:00)
ZIB 2

Es hat im ORF bei Interviews schon viele peinliche Politikerauftritte gegeben, aber das Interview der grünen Wiener Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou dürfte alles bisher dagewesene deutlich übertroffen haben. Es war zum Fremdschämen.

In dem von Armin Wolf geführten Gespräch ging es natürlich um die Abstimmungsniederlage für Vassilakou beim höchst umstrittenen Wiener Heumarktprojekt und deren Folgen. Das der Wiener Grünen-Chefin von der eigenen Parteibasis bescherte „Nein“ zum Heumarkt-Baukoloss dürfte die Initiatoren ziemlich überrascht haben, wie man an den Reaktionen der hyper-nervös wirkenden und zu stark geschminkten Vassilakou nicht übersehen konnte.

Wolf eröffnete das acht Minuten dauernde Gespräch mit der naheliegenden Frage, ob das nach dem Parteistatut der Wiener Grünen bindende Abstimmungsergebnis auch wirklich gelte. Die peinliche Griechin (ist sie eigentlich österreichische UND griechische Staatsbürgerin?) wirkte ein wenig verzweifelt, als sie antwortete: „Das Ergebnis gilt und es ist auch zur Kenntnis zu nehmen.“

Donnerwetter, das wäre eine klare Ansage gewesen und eigentlich hätte darauf gleich die Rücktrittsankündigung folgen müssen. Aber so sehr galt das Abstimmungsergebnis dann doch wieder nicht. Denn was dann folgte war zutiefst peinliches Gefasel, dass „ich sicherstellen muss, meine Verantwortung wahrzunehmen“. Diese Verantwortung gilt nicht so sehr gegenüber der grünen Basis, sondern vor allem gegenüber dem Koalitionspartner, denn ein derartiger Umfaller der Grünen könnte die angenehme und einträgliche Koalition schnell zerbröseln lassen.

Im grünen Parteistatut fand sich – sehr zur Freude der griechischen Wiener Vizebürgermeisterin – auch ein völlig gegensätzlicher Paragraph: Gleichgültig, wie „bindende“ Abstimmungsergebnisse auch ausgehen mögen, das Gewissen der grünen Mandatare im Gemeinderat sei entscheidend.

Sie sei ja als Wiener Vizebürgermeisterin auch „Behörde einer Zwei-Millionen-Metropole“ und verpflichtet, das sehr weit fortgeschrittene Projekt durch den Wiener Gemeinderat entscheiden zu lassen. Bindende Abstimmungsergebnisse? Wer kümmert sich drum?

An dieser Stelle erinnerte Armin Wolf die Vizechefin der gesamtösterreichischen Grünen, dass sie ihren Rücktritt angekündigt habe, falls die Grünen bei der Wiener Gemeinderatswahl Wählerstimmen einbüßen sollten. Genau das passierte damals. Wolf: „Wie glaubwürdig sind sie noch?“ Vassilakou: „Einmal mehr – wir haben es mit einer schwierigen Situation zu tun.“

Die nicht sehr paktfähige, aber bei Bedarf äußerst wendige Politikerin zog auch die Lehren aus dem Debakel: Man müsse solche Befragungen zum richtigen Zeitpunkt durchführen.

Am ehesten also gar nicht. Schließlich weiß man ja nie, was bei so blöden Abstimmungen herauskommt. Nicht einmal auf die eigenen Parteigenossen kann man sich verlassen. Oder besser: Auf die kann man sich am wenigsten verlassen.

Zu der Tatsache, dass sowohl die Wiener Grünen als auch die Wiener SPÖ zutiefst zerstritten sind und das die Koalition in der Bundeshauptstadt massiv gefährde, meinte Vassilakou: „Ich halte das ehrlich gesagt für eine Übertreibung. Bei den Grünen gibt es gerade eine schwierige Situation, die ich dabei bin, zu lösen.“ Die rot-grüne Koalition sei überhaupt nicht gefährdet. Wenn der Wiener Gemeinderat dafür stimme, werde das Heumarkt-Hochhaus gebaut.

Damit hätte die Wiener Grün-Chefin ihr Wort gehalten – zumindest den Spekulanten und dem Koalitionspartner gegenüber.

Natürlich, denn würde die Koalition platzen, wäre die peinliche Wortbrecherin ihren einträglichen Bürgermeister-Job los und würde ihn vermutlich nie wieder bekommen.

Zur Interviewführung durch zuletzt in heftiges Kreuzfeuer der Medien und sogar der ORF-Chefetage geratenen Armin Wolf ist anzumerken, dass er die Bürgermeisterin in angemessener Schärfe befragte, sie aber an Stellen ihre immer wiederkehrenden Argumente wiederholen ließ, an denen er jedem anderen Interviewpartner scharf ins Wort gefallen wäre. Aber bei grünen Gesprächspartnern lässt sich die Beißhemmung schwer überwinden.