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Andreas Lindner (ORF2 Mo, 11.09.2017, 22:00)
ZIB 2

Die Wendigkeit der ORF-Information ist teils schon recht spektakulär, je nachdem, von welcher Seite ein Thema gerade kommt.

Wer erinnert sich noch an die (künstliche) Aufregung, vor allem im ORF, als unter dem damaligen ÖVP-Generalsekretär Werner Amon eine Broschüre wiederaufgelegt wurde, welche die bekannten Positionen und Forderungen der Roten und Grünen unter die Lupe genommen hat und – aus ÖVP Sicht – die negativen Auswirkungen auf Wirtschaft, Arbeitsplätze, Bildung und gesellschaftliche Entwicklung abgeleitet wurden? Das ist erst wenige Monate her, Stichwort Rot-Grün-Fibel.

Die Broschüre war pointiert im kommunistisch-sozialistischen Propagandastil gehalten. Und vor allem darauf baute die ORF-Kampagne gegen die Broschüre auf. Aber jeder, der die Berichterstattung verfolgte, konnte schnell erkennen, dass die tagelange konzentrierte Berichterstattung in Wahrheit gegen die ÖVP insgesamt gerichtet war. Zeitgleich mit entsprechenden Wortmeldungen aus der SPÖ-Zentrale und sogar aus dem Kanzleramt. Von "ganz schlechtem Stil", von "permanentem Anpatzen", "Politik alten Stils" etc. etc. war die Rede. Täglich wurden im ORF-Radio und in der ZiB ÖVPler 'befragt', was sie sich denn dabei gedacht hätten und ob sie glauben, dass das bei der Bevölkerung gut ankäme etc. Natürlich in dem vollen Bewusstsein, dass erst diese konzertierte, negativ-gespinte Berichterstattung den Fokus der Menschen auf etwas legt, von dem behauptet wurde, die ÖVP führe sich irgendwie schlecht auf, während ja die SPÖ, vor allem die SPÖ unter Christian Kern, unbedingt für das Land arbeiten wolle (in einer Regierung, in der aber ohnehin nichts richtig weitergehe).

Dass bei der vielen heißen Luft, welche hier medial erzeugt wurde, kein einziges Mal auf die Inhalte der Broschüre bzw. eben Roten und Grünen 'Plänen' für unser Land und deren Auswirkungen eingegangen wurde, versteht sich von selbst.

Und jetzt, nur wenige Monate später – wir stehen im offiziellen Wahlkampf – werden vom selben ORF mehrfache tatsächliche Schmutzkübel-Aktionen verharmlost, relativiert und bis zur Unkenntlichkeit verschleiert.

Dabei war schon 2016 (!) darauf hingewiesen worden, dass die SPÖ mit Tal Silberstein einen Mann ins Kampagnenboot holt, dessen Methoden unredlich und unfair sind, wodurch die Politik(er)verdrossenheit in der Bevölkerung noch weiter steigern würde. Schon damals wurden Hinweise veröffentlicht, wonach SPÖ-Kampagnenleute im Privatleben von Sebastian Kurz schnüffeln würden. Wie die Silberstein-Geschichte vorläufig ausgegangen ist, ist bekannt. Es wird womöglich noch einiges ans Tageslicht kommen, aber ziemlich sicher nicht über die ORF-Information.

Der ORF ist derzeit also massiv darum bemüht, den hinter den Kulissen betriebenen, tatsächlichen Schmutzkübelwahlkampf in einem nichtssagenden Einheitsbrei zu versenden (Motto: Cosi fan tutte – so machen es alle) und sogar, das 'Opfer' zum 'Täter' umzudrehen, wie man in den letzten Tagen im ORF mehrfach hören, sehen und lesen konnte.

Auch der ZiB2-Bericht zu diesem Thema war in der Botschaft recht eindeutig darauf ausgerichtet. So sprach etwa Armin Wolf davon, dass "sich vor allem ÖVP und SPÖ immer öfter gegenseitig Dirty Campaigning vorwerfen würden", faktisch ist es aber so, dass in den letzten Wochen vor allem die ÖVP den Roten „Dirty Campaigning“ vorwirft, dass dieses fast schon in Serie stattfindet und gezielt gegen die Person Sebastian Kurz gerichtet ist. Das bekannte ORF-Rezept: wenn die Linken Dreck am Stecken haben und es nicht mehr verschwiegen werden kann, dann pauschalisieren wir es eben und werfen es in den 'Parteien-Eintopf'. Berichtet hat man dann pflichtschuldigst darüber und kann sich (vordergründig) nichts vorwerfen. Eine rhethorische Glanzleistung war dann auch der folgende (verräterische) Satz von A. Wolf "...ziemlich unfreundliche Videos über Sebastian Kurz, die die SPÖ hat produzieren lassen." Man beachte dabei die besondere Betonung auf "SPÖ", was natürlich  suggerieren soll, dass diesmal halt eben die SPÖ derartiges getan hat.

Das man dann im Abschluß dieses ZiB2-Berichtes auch noch auf das SPÖ-Sudelvideo gegen Kurz zurückgreift und es effektvoll in den Abspann einbetten, übersteigt die Grenzen der Frechheit und Parteilichkeit.

Und auch die jüngste, aktuelle Schlagzeile auf ORF.at dazu lautet passend "Werben mit der Opferrolle" und "Kampf um die weiße Weste".

Na, 'werben mit der Opferrolle' ist schon wirklich super. So etwas konnte man vor wenigen Monaten, in der Aufregung um die Rot-Grün-Fibel der ÖVP im ORF nicht hören.

PS.: Es fügt sich ganz logisch in das Gesamtbild, dass in den jüngsten internen SPÖ-Mails, die z.B. in der Krone zu lesen waren, auch davon die Rede ist, dass die 'Kampagne ja bereits am 17. Mai 2016'  (!) begonnen hat. Und das ist exakt das, was Reinhold Mitterlehner und die ÖVP monatelang beklagt haben: einen SPÖ-Dauerwahlkampf und eine permanent-Inszenierung, mitten in der Legislaturperiode, anstatt für das Land zu arbeiten. Und natürlich greift die ORF-Information so einen Punkt nicht auf ...