ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


Werner Reichel (oe1 Di, 16.01.2018, 12:00)
Ö1 Mittagsjournal

Jahrzehntelang wurden die Sozialdemokraten vom gebührenfinanzierten Rotfunk hofiert und mit Glaceehandschuhen angefasst. Egal wie wenig durchdacht, dumm und inferior ihre Ideen, Aussagen Vorschläge und Entscheidungen auch waren, der ORF hat stets versucht, sie in ein möglichst gutes Licht zu rücken.

Man stelle sich vor, der aktuelle Wiener Bürgermeister wäre ein Freiheitlicher. Der ORF würde die unzähligen Skandale, das Krankenhaus Nord, der explodierende Schuldenstand, der lockere Umgang mit der Mindestsicherung oder die über Jahre ignorierten Zustände in den Islamkindergärten, medial rauf und runter spielen.  Täglich würde er - zu Recht – auf die blaue Stadtregierung einprügeln. Weil aber für all diese Skandale und Schlampereien eine rotgrüne Regierungsmannschaft verantwortlich zeichnet, werden sie verharmlost, relativiert und kleingehalten.

Rote und grüne Politiker lebten jahrzehntelang in einer journalistischen Komfortzone.  Während FPÖ-Politiker stets mit rollenden Augen, demonstrativ zur Schau gestellter Abneigung, Schaum vor dem Mund und Nazi-Keule in der Hand interviewt oder besser verhört wurden, konnten sich SPÖ- und Grün-Politiker stets sicher sein, vom ORF nicht mit kritischen oder unangenehmen Fragen belästigt zu werden. Ja, der ORF - und viele andere einschlägige Medien -  haben das Leben linker Politiker angenehm gestaltet und versüßt: Mediale Dauerpräsenz, Unterstützung bei Wahlkämpfen und der Umsetzung von Zielen und Forderungen, großzügiges Augenzudrücken bei Verfehlungen und Skandalen und – ganz wichtig – die Dauer-Hetze gegen die politische Konkurrenz. Herrlich, waren das Zeiten. Die Sommergespräche des vergangenen Jahres sind diesbezüglich noch in lebhafter Erinnerung.

Die Machtverhältnisse haben sich - trotz all dieser Hilfestellungen - verschoben: Die SPÖ sitzt orientierungs- und de facto führungslos auf der Oppositionsbank, die Grünen kämpfen ums politische und finanzielle Überleben und Peter „Grapschi“ Pilz will nach seiner politischen Schaffenspause zwar wieder zurück in den Nationalrat, aber keiner seiner Partei-Statisten zeigt große Lust, sich vom parlamentarischen Futtertrog vertreiben zu lassen. Das heißt zwar nicht, dass der ORF nun umschwenken und beide politischen Lager, seine linken Gesinnungsfreunde und seine politischen Feinde, journalistisch fair behandeln würde. Weit gefehlt, aber rote und grüne Politiker müssen sich nun Kritik, wenn auch nur in homöopathischen Dosen, ab und zu gefallen lassen.

Bereits dieses leichte Gegenlüftchen hat Eva Glawschnig dazu bewogen, das Handtuch zu werfen. Die von linken Journalisten, also praktisch allen Journalisten, stets hofierte Grünen-Chefin war nichts anderes als Grünpropaganda gewohnt, selbst mit der  ohnehin harmlosen und weichgespülten Kritik an ihrer Politik und Person war sie völlig überfordert. Es ist so, als würde man gut gefütterte und gepflegte Zoo-Tiere in die freie Wildbahn entlassen.

Ein wunderbares Beispiel dafür ist auch das Interview mit SPÖ-Chef Christian Kern im Ö1-Mittagsjournal. Der Ex-Kanzler, der seine gesamte bisherige Karriere im geschützten SPÖ-Umfeld gemacht hat, strauchelt bei jeder harmlosen Nachfrage, verstrickt sich in Widersprüche und versucht sich mit seinen abgedroschenen Phrasen durchzuschummeln.  Den Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit versucht Kern mit einem Zitat von Karl Marx (Wer ihm das wohl rausgesucht hat? Heinzi Fischer?) zu kontern! Wenn die Aura des Erfolgs verflogen ist und man keine Substanz hat, bleibt eben nur eine leere Hülle zurück. Vermutlich hat man mittlerweile auch beim ORF erkannt, dass eine für den Rotfunk so wichtige Rückkehr der SPÖ auf die Regierungsbank, mit Kern nicht zu schaffen sein wird.