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Niklas G. Salm (Online Di, 20.02.2018, 18:13)
Nächster Liederbuch-Skandal enthüllt - echt jetzt?
Link: http://wien.orf.at/stories/2896569/

Und wenn du glaubst, es geht nicht mehr, dann kommt von irgendwo wieder ein Liederbuch daher! Der Nazi-Opa-Skandal in Tirol war ein Schuss in den Ofen, eine "ORF-Eigenproduktion". Also was tun, wenn am Sonntag Landtagswahl ist und kein Nazi weit und breit in Sicht, den man der FPÖ umhängen kann? Es ist schon bitter. Aber zum Glück gibt es ja den "Falter". Der zaubert wieder einmal rein zufällig fünf Tage vor der Wahl ein Nazi-Liederbuch aus dem Zylinder. Und der ORF und die anderen Mainstreammedien springen als dankbare Verlautbarungsorgane auf den Zug auf und berichten aufgeregt. Kennen wir das nicht schon von irgendwoher? Ach ja, in Niederösterreich war es ja auch so. Zufälle gibt es...

Diesmal betroffen sein soll die Wiener Burschenschaft Bruna Sudetia. Deren Vorsitzender ist Herwig Götschober, ein Pressereferent im Kabinett von Infrastrukturminister Norbert Hofer und blauer Bezirksrat in Wien-Leopoldstadt. In dem Liederbuch, das wieder einmal gerade dem sehr linken "Falter" exklusiv in die Hände gefallen ist, finden sich offenbar all die unappetitlichen Textstellen wieder, die es auch schon bei der Burschenschaft Germania in Wiener Neustadt gegeben hat. "Gebt Gas ihr alten Germanen" und das ganze ekelhafte Programm.

Darüberhinaus sollen noch weitere Stellen enthalten sein, die etwa das Deutsche Reich und Deutsch-Österreich feiern. Schwärzungen in irgendeiner Form weist das Exemplar des "Falter" angeblich wieder keine auf. Wie ausgerechnet die ganz weit links außen angesiedelte Wiener Wochenzeitung immer zu solchen Machwerken kommt, bleibt ein großes Rätsel. Wie geht das eigentlich?

Jedenfalls fordern Rote, Pinksliberale und GrünInnen jetzt schon wieder hysterisch den Rücktritt des österreichweit vermutlich bisher gänzlich unbekannten Herrn Götschober, der für den Social-Media-Auftritt des Infrastrukturministeriums zuständig ist - also offensichtlich  ein ganz wichtiger Entscheidungsträger, der schon morgen einen Putsch herbeiführen könnte. Der ORF zitiert in seiner Online-Story zahlreiche aufgeregte LinksauslegerInnen, die ihr übliches Repertoire von "völlig unerträglich" über "unzumutbar", "menschenverachtend" bis "schockierend" loswerden dürfen.

Was den ORF und alle Empörten nicht sonderlich zu interessieren scheint: Götschober bestreitet, das dem "Falter" vorliegende Exemplar jemals gesehen zu haben. Er selbst habe ein ganz anderes Liederbuch der Burschenaft Bruna Sudetia, das schon rein optisch mit dem vom "Falter" keine Ähnlichkeit habe. Und wie man bei dem im ORF-Onlinebericht enthaltenen Faksimile sehen kann, sieht das Exemplar des "Falter" eigentlich gar nicht aus, wie ein richtiges, gedrucktes und gebundenes Liederbuch. Es wirkt mehr wie eine Ringbuchmappe oder ein Schnellhefter. Also wie etwas, das jemand schnell zusammengeschustert hat und nicht wie eine lange Zeit in Verwendung befindliche Publikation. Sehr merkwürdig, dieses "Liederbuch".

Da werden "Falter", ORF und Co. doch wohl hoffentlich keiner Fälschung aufgesessen sein? Andere, noch schlimmere Varianten wollen wir natürlich keinesfalls auch nur andenken. Beim ORF Tirol ist ja letztendlich auch nur ein kleiner "technischer Fehler" am Schnittpult passiert. Also eh nichts Ernstes. Zumindest wirkt das alles aber langsam wirklich äußerst sonderbar. Erneut taucht fünf Tage vor einer Wahl ein verdächtiges Nazi-Liederbuch auf und wieder beim "Falter" - soll man da noch immer an Zufälle glauben? Sind ganz schön viele davon.

Es bleibt jedenfalls spannend! Was, wenn Herr Götschober wirklich ein ganz anderes Liederbuch seiner Burschenschaft vorlegen kann?

Nachtrag 20.30 Uhr: Mittlerweile hat sich die Burschenschaft Bruna Sudetia mit einer Aussendung zu Wort gemeldet. Sie weist alle Vorwürfe vehement zurück. Das Buch sei niemals in Besitz der Verbindung und daher auch nicht in Verwendung gewesen. Das Buch der akademischen Burschenschaft sei weder optisch noch inhaltlich jenem Exemplar ähnlich, das dem "Falter“ vorliegt. Die Verbindung prüft dafür rechtliche Schritte gegen die Wochenzeitung.