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Kurt Ceipek (ORF2 Di, 06.03.2018, 19:30)
Zeit im Bild

Wer in der ZiB1 auf eine aufsehenerregende und empörende Meldung aus Wels wartete, der wartete vergeblich. Dabei hätte der Fall vermutlich die Zuseher mehr interessiert als alles andere, was im ORF gesendet wurde.

Für alle, die ihre Informationen ausschließlich über den ORF beziehen: In Wels wurde ein Jugendklub von Betreuern – einer 41-jährigen Frau und einem 31-jährigen Mann – offenbar schon vor Jahren zur Rauschgift-Dealer-Zentrale umfunktioniert. Minderjährige Schützlinge wurden eingeladen, doch einmal Marihuana zu rauchen – probehalber sozusagen. Vielen gefiel das so gut, dass sie in der Folge, Rauschgift nicht nur zu konsumieren, sondern auch zu handeln begonnen haben, weshalb ihnen die Polizei auf die Spur kam. Der Umschlagplatz war wiederum besagter Jugendklub.

Das besondere an dem unglaublichen Skandal: Der Klub ist in der Zentrale der Welser SPÖ stationiert und das Lokal der roten Jugendorganisation „Aktion kritischer Schüler“. Das ist eine Art Kaderschmiede für rote Nachwuchspolitiker und Anti-Regierungs-Demonstranten (natürlich nur, wenn die Regierung nicht eine brave rote Regierung ist).

Völlig klar, dass eine solche Kleinigkeit für die ZiB nicht interessant genug war. Auch für die ZiB2 war der Rauschgiftverführung und -handel unter dem SPÖ-Dach als Meldung nicht stark genug. Der geschätzte Leser darf nun raten, ob so ein Fall – Jugendbetreuer verführen Schüler zum Drogenkonsum – es nicht vielleicht doch in die ZiB geschafft hätte, wenn es sich um einen bürgerlichen Jugendklub gehandelt hätte.

Lediglich der ORF Oberösterreich konnte sich in den Bundeslandnachrichten nicht um diese Meldung drücken. Auch auf der Startseite von ORF.at ist nichts zu finden. Dort muss man sich ebenfalls bis zur Bundeslandseite Oberösterreich durchkämpfen, ehe man knapp informiert wird.

Auch für die Teletextredaktion war das Thema nicht interessant genug. Dort findet sich zwar eine Geschichte Rauschgift-Dealer, allerdings nicht über jene aus der SPÖ Wels. Meldenswerter als den Skandal von Wels findet man in der Teletext-Redaktion eine Meldung über einen umgekippten Viehtransporter und die packende Meldung „Totholzkäfer drohen auszusterben“.

Die Erkenntnis daraus: Wer wirklich umfassend informiert werden will, was im Lauf des Tages in Österreich und der übrigen Welt passiert ist, sollte sich täglich um 19:20 Uhr die Nachrichten in Servus TV ansehen. Dort wurde natürlich kurz und sachlich über den SP-Skandal in Oberösterreich berichtet. Wer zuerst Servus TV und anschließend ZiB1 sieht, kann täglich staunen, wie unterschiedlich die Nachrichten in diesen beiden Sendern sind.

Sich die Servus-TV-Nachrichten anzusehen muss man auch den ORF-Verantwortlichen dringend empfehlen. Dort könnten sie lernen, was objektive und politisch neutrale Berichterstattung ist und wie man wichtige und unwichtige Themen unterscheiden kann.