ORF-Online berichtet über den „Gedankenaustausch“ mit den Südtiroler Landtagsfraktionen zur Frage der Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft für Südtiroler. Dazu haben Außenministerin Kneissl und Innenminister Kickl nach Wien geladen. Vor bald 100 Jahren wurde Südtirol gegen den erklärten Willen seiner Bevölkerung vom übrigen Tirol und von Österreich abgetrennt. Seither sind die Südtiroler gezwungen, unter einem anderen Staat zu leben. Die Möglichkeit, die damals geraubte Staatsbürgerschaft wiederzuerlangen, wird daher als ein Akt der Wiedergutmachung angestrebt. Dagegen laufen Italiens Nationalisten Sturm, vom roten Rand bis zum faschistischen Narrensaum. Ironie der Sache: Italien selbst hat schon vor über zehn Jahren den italienischen Minderheiten in Slowenien und Kroatien ebendies gewährt, was es nun mit theatralischem Gestus an Österreich kritisiert. Darauf kann sich jeder selbst seinen Reim machen.
Was macht der ORF? Er beginnt den Artikel mit „FPÖ-Außenministerin“. Erstens sollte man auch in der linksgewickelten ORF-Redaktion wissen, dass Karin Kneissl nicht FPÖ-Mitglied ist. Zweitens ist das Staatsamt von der Partei zu trennen. Die Parteizugehörigkeit, wenn es eine gibt, was bei Kneissl nicht der Fall ist, wäre in Klammer dem Familiennamen nachzustellen (oder alternativ adjektivisch voranzustellen). Der Zweck? Einen Keil zwischen die Koalitionspartner zu treiben, denn die Staatsbürgerschaft für die Südtiroler ist Teil des Koalitionsabkommens.
Völlig unverständlich wird das ORF-Verhalten, wenn dem südtirolfeindlichsten italienischen Nationalisten breiter Raum gegeben und dabei noch Rosstäuscherei betrieben wird. Die Familie von Alessandro Urzì kam im Zuge des faschistischen Kolonialisationsprogrammes nach Südtirol, dessen Ziel die Italianisierung des Landes und die Verdrängung der Südtiroler war. Sein Vater schrieb in jungen Jahren Treueschwüre auf Benito Mussolini und wurde dann – und das sagt alles über das Verhältnis Italiens zu Südtirol aus – höchster Staatsvertreter in Südtirol und damit erster Grenzwächter am Brenner.
Der Sohn trat geistig in die Fußstapfen von Vater und Großvater und wurde Mitglied der postfaschistischen Partei Alleanza Nazionale. Man weiß in der Familie schließlich, wem man die Anwesenheit in Südtirol zu verdanken hat. Der ORF bietet ausgerechnet diesem notorischen Südtirolfeind die Möglichkeit, seine Giftpfeile abzuschießen. Die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an Südtiroler nennt er einen „Schritt gegen Italien, aber auch gegen Südtirol – ein autonomiefeindlicher Schritt“. Was für einen Eindruck will der ORF dem österreichischen Publikum mit einer solchen Lüge vermitteln?
Die Wahrheit ist, daß Urzì und Genossen nichts ertragen, was zugunsten der Südtiroler ist, und alles bekämpfen, was die Stellung Italiens in den „eroberten Gebieten“ schwächen könnte. Als Schwächung sehen sie alles, was mit den Tirolern südlich des Brenners zu tun hat.
Perfid wird der ORF, wenn er den Namen von Urzìs nationalistischer Mini-Partei „Alto Adige nel Cuore“ als „Südtirol im Herzen“ wiedergibt. In Wirklichkeit gibt es keine Partei solchen Namens. Gott bewahre, da würde sich ja Benito (Mussolini) im Grab umdrehen und für die italienischen Nationalisten eine Welt zusammenbrechen. Erstens haben die Südtiroler für Urzì nur ein Recht und eine Pflicht: gute italienische Staatsbürger zu sein und sich zu italianisieren, besser heute als morgen. Zweitens würde ein Urzì niemals den Landesnamen Südtirol verwenden. Für ihn heißt der von Italien „eroberte“ Teil Tirols „Alto Adige“. Ein erst 1906 willkürlich auf Südtirol übertragener Kunstbegriff, mit dem Urzìs geistige Vorväter, die italienischen Nationalisten, ebenso willkürlich Gebietsansprüche erhoben.
Es wäre die Pflicht der ORF-Redaktion, sich soweit mit der Geschichte Südtirols vertraut zu machen, um zu wissen, worüber man berichtet. Wenn der Parteiname für deutschsprachige Leser zum besseren Verständnis(?) übersetzt werden soll, dann in Klammern hinter der italienischen Originalbezeichnung und richtig als „Alto Adige im Herzen“. Damit wäre dann jedem interessierten Leser klar, wes Geistes Kind Urzì ist. Das aber scheint in der ORF-Redaktion nicht gewollt. Die Falschübersetzung „Südtirol im Herzen“ soll den irreführenden Eindruck erwecken, hier würden sich Südtiroler äußern oder würde jemand sprechen, dem Südtirol ein Anliegen ist. Nichts davon ist wahr. Urzì ist zudem auch Regionalkoordinator der italienischen Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens), die im Parteisymbol die Flamme der neofaschistischen Partei MSI (1946-1995) führt.
Völlig verlogen wird es, wenn der ORF Urzì sagen lässt: „Alle Parteien, seien sie links, rechts oder Mitte – im Landtag, aber auch auf nationaler Ebene – haben sich gegen diese Initiative geäußert.“ Was der ORF unterschlägt: Urzì meint damit nur die italienischen Parteien, denn was die Südtiroler sagen, ist einem italienischen Nationalisten mit faschistischer Familienvergangenheit sowas von egal, dass es nicht einmal eine Erwähnung verdient, geschweige denn berücksichtigt werden müsste.
Welche Rosstäuscherei versucht aber der ORF, wenn er eine solche Lüge verbreitet. Schließlich kennen die allermeisten österreichischen Leser ja nicht die Wahrheit. Die Wahrheit ist, dass 28 von 36 Abgeordneten zum Südtiroler Landtag sich für die Möglichkeit zur Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft ausgesprochen haben. 19 Abgeordnete, also die absolute Mehrheit des Südtiroler Landtages, wandte sich nach den österreichischen Nationalratswahlen 2017 sogar in einer außerparlamentarischen Initiative persönlich an Österreichs neuen Bundeskanzler Sebastian Kurz mit der Bitte, den Südtirolern ihre durch das Siegerdiktat von 1919 geraubte Staatsbürgerschaft zurückzugeben.
Dagegen sind nur die fünf italienischen Abgeordneten im Südtiroler Landtag und die Grünen. Warum wohl? Dabei geht es die einen nichts an und muss es die anderen nicht berühren. Erstens würde die österreichische Staatsbürgerschaft nur jenen zurückgegeben werden, die darum ansuchen (die Linksgrünen müssen das ja nicht tun). Zweitens betrifft die Initiative die Südtiroler, nicht die erst im Zuge des italienischen Kolonialismus in Südtirol angesiedelten Italiener.
Das italienische Geschrei gegen die Initiative offenbart jedoch, welche Feindseligkeit und Abneigung sie noch immer gegen die Südtiroler empfinden, sodass sie nicht einmal Verständnis für einen Akt der Wiedergutmachung aufbringen können, der ihnen selbst weder etwas nimmt noch sie betrifft. Und sie schreien weiter, obwohl sie wissen, Urzì an erster Stelle, dass Italien das selbe bereits den Italienern in Istrien und Dalmatien gewährt hat. Wer hören kann, der höre.
Warum liefert der ORF zu Südtirol ein solches Fehlverhalten? Ansonsten so entschieden anti-rechts, entpuppt sich der ORF plötzlich als stramm nationalistisch, allerdings italienisch-nationalistisch?
Drei Gründe können dafür genannt werden: Erstens handelt es sich um eine FPÖ-Initiative, und der ORF ist kategorisch gegen alles, was von der FPÖ kommt.
Zweitens sträuben sich Teile der SPÖ gegen die Initiative, weil es im roten Wien tiefsitzende Vorbehalte gegen die Tiroler gibt, ob nördlich oder südlich des Brenners, weil sie als „konservativ“ gelten und der SPÖ wenig Aussicht auf Wählerstimmen bieten. Die Wähler zu überzeugen ist eine Aufgabe der Parteien, da muss sich die SPÖ eben ins Zeug legen. Zudem geht es um eine Frage, die Österreichs Interessen berührt, und damit über den Parteiinteressen stehen sollte.
Drittens sind Südtirols Grüne als einzige der Südtiroler Parteien gegen die Wiederverleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Das hat damit zu tun, dass die neomarxistischen 68er Adepten, wie im ganzen deutschen Sprachraum, einen tiefsitzenden Hass gegen die eigene Identität hegen. Weil ihnen das Eigene, die eigene Kultur, die eigene Sprache, die eigene Geschichte so zuwider sind, vertreten sie in Südtirol nicht nur eine schrankenlose Refugee-Welcome-Politik der offenen Türen, sondern in der Südtirol-Politik – bedauerlicherweise – den Standpunkt des italienischen Nationalismus. Die Grünen sagen es mit anderen Worten, aber sie sagen unterm Strich dasselbe, was italienische Nationalisten wie Urzì sagen.