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Andreas Unterberger (ORF2 Di, 12.06.2018, 19:30)
Zeit im Bild

Es ist wirklich unglaublich, wie ungeniert der ORF vor allem den Grünen ständig zur Seite springt. Nicht nur um 19.30 Uhr, sondern auch schon um 13 Uhr wurde eine Lächerlichkeit zum Zentralthema der ZIB-Sendungen gemacht, mit der die Pilz-Grünen ganz offensichtlich eine Ablenkungsoffensive von ihrer letalen Krise versuchen. Dabei geht es lediglich um parlamentarische Zwischenrufe, die möglicherweise (!) zu einem nachträglichen Ordnungsruf  führen werden.

Das wäre nur in einem einzigen Fall legitim, journalistisch vertretbar und mit dem gesetzlichen Objektivitätsgebot vereinbar: Wenn der ORF auch über alle sonstigen parlamentarischen Ordnungsrufe oder Sager, die möglicherweise zu einem späteren Ordnungsruf führen könnten, berichten würde. Da er das aber fast nie tut, ist das Motiv dieser intensiven Berichterstattung ganz eindeutig: Es geht einzig und allein um Schützenhilfe für eine dem Großteil der Redaktion nahestehende Gruppierung. Das wird doppelt deutlich, da die Liste jener Dinge, über die zu berichten wäre, gerade an diesem Tag eigentlich randvoll ist mit ganz wichtigen Themen: Korea-Gipfel, Einigung im Namensstreit Mazedonien-Griechenland, Kurz bei Merkel, der geradezu triumphale Abschluss des Kurz-Besuches in Israel, schwere Unwetter in großen Teilen Österreichs.

Aber statt diese Themen überhaupt oder ausführlich zu behandeln, erregt man sich über zwei völlig harmlose Zwischenrufe. Ganz als gehöriges Hündchen der Pilze, die halt verzweifelt von ihren eigenen Peinlichkeiten ablenken wollen. Und denen dazu freilich immer nur der gleiche Pilz'sche Uralt-Schmäh einfällt, nämlich sich moralistisch über irgendwelche Kleinigkeiten anderer zu erregen, oder Anzeigen zu erstatten, die dann im Papierkorb landen.

Es geht um Zwischenrufe bei der Rede einer (was schon am Akzent deutlich erkennbar ist) aus Bosnien stammenden Pilz-Abgeordneten, die sich über die angeblich vom Innenminister verschuldete BVT-Affäre (die in Wahrheit einzig eine Affäre einer unfähigen Staatsanwältin ist) und die dadurch ausgelöste Unsicherheit erregt hatte. Bei ihr hat ein FPÖ-Abgeordneter zwischengerufen: "Alma, bei mir bist du sicher!" (das Du-Wort verwenden fast alle Abgeordneten untereinander, wenn auch meist nicht öffentlich). Man muss schon sehr paranoid sein, darin eine Beleidigung zu erkennen, es war höchstens ein schwacher Scherz.

Und ein ÖVP-Abgeordneter hat gerufen: "Sie sind nicht in Bosnien! Verwechseln Sie das nicht!" Das ist ein angesichts der in Bosnien eindeutig weit schlimmeren Sicherheitssituation legitimer Hinweis zur Verteidigung Österreichs. Und es wäre geradezu absurd, und würde den Ruf des Parlaments als verzopft-altjüngferliche Anstalt erst recht bestätigen, wenn man dort nicht mehr über die Herkunft eines Abgeordneten sprechen dürfte, egal, ob das Vorarlberg, Burgenland oder Bosnien ist. Ganz selbstverständlich und zu Recht wird ja etwa auch beim ÖVP-Abgeordneten Dönmez seine türkische Herkunft sehr oft mitangesprochen. So wird ja beispielsweise auch in Tschechien sehr oft die slowakischer Herkunft des neuen Premiers thematisiert, oder bei Angela Merkel ihre aus der DDR.

Das Alles ist weder ein "Alltagsrassismus" (O-Ton ORF!) noch sonst etwas Böses, sondern sollte ganz selbstverständlich in Diskussionen möglich sein.

Das böseste Wort eines Politikers an diesem Tag stammt auch von einem ganz anderen Mann, nämlich Christian Kern. Er sprach allen Ernstes von "Revolution" und "Konterrevolution". Aber darüber haben sich die ZIB-Redakteure natürlich nicht erregt, obwohl da eigentlich der Aufruf zur Gewalt drinnensteckt.

PS: Eine gewisse Schadenfreude gegenüber der Regierung kann man freilich bei diesen - und vielen anderen - Gemeinheiten der linken ORF-Redaktionen nicht verhehlen: Hat die Regierung doch in den letzten Tagen durch ihren Medienminister dem ORF de facto eine Bestands- und Privilegiengarantie gegeben. Warum sollten die Redakteure da noch ihre altgewohnte Linie ändern?

PPS: Ach ja: Breit wird auch noch über den ÖGB-Kongress berichtet. Das kann zwar gewiss auch ein Thema sein - aber journalistisch müsste man dabei unbedingt auch den dramatischen Rückgang des Prozentsatzes an Arbeitnehmern ansprechen, der überhaupt noch bei der Gewerkschaft ist.

PPPS: Parlamentspräsident Sobotka hat nun tatsächlich beiden Ordnungsrufe erteilt. Womit der studierte Musik- und Geschichtsprofessor, der immer wieder gerne durch Distanzierung von der Regierung sein eigenes Profil zu schärfen versucht, mangels juristischer Beurteilungsfähigkeiten noch in unglaubliche Zensurverteilungsnöte kommen wird.