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Stefan Beig (Online Do, 14.06.2018, 00:00)
Worüber nicht berichtet wird
Link: https://www.facebook.com/ZeitimBild/

Vor ein paar Tagen wurde der österreichische Bundeskanzler in Israel als neuer Freund und Verbündeter gefeiert, der eine neue Etappe in den österreichisch-israelischen Beziehungen einleitet und sich um eine Verbesserung der Beziehungen der EU zu Israel kümmern wird. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nannte Sebastian Kurz einen „wahren Freund Israels und des jüdischen Volkes". Er hoffe, andere europäische Politiker werden seinem Beispiel folgen. Und: "Du lässt deinen Worten Taten folgen. Wir sind dafür sehr dankbar.“

Angesichts der Koalition mit der FPÖ kann man bei solchen Lobeshymnen tatsächlich von einem diplomatischen Glanzstück des Kanzlers sprechen.

Was aber bleibt auf der Facebook-Seite der „Zeit im Bild“ vom Israel-Besuch übrig? Nun, Sebastian Kurz’ Zitat zur Mitverantwortung Österreichs wird gebracht (https://www.facebook.com/ZeitimBild/posts/10156308010131878) und dann folgt noch ein langer und ausführlicher Bericht - über die finanziellen Engpässe des Gedenkdiensts, weil dieser von der knausrigen Regierung zu wenig Geld erhält: https://www.facebook.com/ZeitimBild/videos/10156310760561878/

Was aber bleibt von der Pressekonferenz mit Netanjahu? Was bleibt von der einen Million Euro, die Kurz am Sonntag für das geplante Shoah Heritage Collections Center in Yad Vashem zugesagt hat? Was bleibt von dem Grundsatzabkommen, das Kurz und der Yad Vashem-Vorsitzende Avner Shalev unterzeichnet haben und das Yad Vashem den Zugang zum Österreichischen Staatsarchiv und zur Mauthausen-Gedenkstätte ermöglichten wird? Was bleibt von der gemeinsamen Gedenkfeier mit Holocaust-Überlebenden? Was bleibt vom Besuch des Bundeskanzlers an der Klagemauer? Was bleibt von seiner Rede vor dem in Israel tagenden American Jewish Congress? Nichts.

Dabei waren dies symbolträchtige und relevante Ereignisse im Hinblick auf Österreichs Beziehung zu Israel und auch im Hinblick auf seinen Umgang mit der eigenen Vergangenheit. Dass sie einen Nachrichtenwert haben, weiß ein Journalist, unabhängig davon, wie er zur Regierung, zum Bundeskanzler oder auch zu Israel steht.

Doch für all jene Kritiker, die Sebastian Kurz zumindest ein wenig ins antisemitische, neonazistische Eck stellen wollen, muss der Kurz-Besuch in Israel wohl eine einzige, bittere Niederlage gewesen sein. Kann es sein, dass das Facebook-Team des ORF das nicht zulassen will? Die eigene politische Sichtweise würde dann nicht zum ersten Mal zulasten der journalistische Qualität gehen. Eine Vorgangsweise, die alles, was nicht ins Bild passt, zensuriert, erinnert freilich an die DDR.

Dem Facebook-Team von Sebastian Kurz dürfte mittlerweile aufgefallen sein, dass der große diplomatische Erfolg in Israel auf der Facebook-Seite der „Zeit im Bild“ überhaupt nicht zur Geltung kommt. Seit Donnerstagnacht, also mit ein paar Tagen Verspätung, gibt es dort nämlich einen kurzen Ausschnitt der Pressekonferenz mit Netanjahu zu sehen: https://www.facebook.com/sebastiankurz.at/videos/1730893547002311/