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Werner Reichel (oe1 So, 17.06.2018, 09:05)
Gedanken

Sonntagmorgen wird gepredigt. Nicht nur in den Kirchen. Auch auf Ö1. Wie es sich für das Zentralorgan der Alt-68er und deren gutmenschliche Epigonen gehört, stehen dabei die zentralen Lehren der verschiedenen neosozialistischen Glaubensströmungen in Theorie und Praxis im Mittelpunkt. Neben Feminismus/Genderismus und Antikapitalismus ist das vor allem die Multikultideologie. Deren Ruf hat aufgrund von Messerattacken, Terrorismus, „Amokläufen“, Vergewaltigungen und Mädchenmorden trotz aller propagandistische Anstrengungen der Mainstreammedien doch etwas gelitten. Da braucht das politisch korrekte Fußvolk vor den Radioempfangsgeräten ab und zu eine moralische Rückenstärkung.

Diesen Sonntag durfte die Schauspielerin und Flüchtlingshelferin Susi Stach eine Stunde lang die Ö1-Hörergemeinde mit ihren Erfahrungen und Weisheiten über sogenannte Flüchtlinge, Flüchtlingshilfe, Integration und Menschlichkeit erbauen. Dass Frau Stach keine besonders populäre oder bekannte Schauspielerin ist, tut nichts zur Sache. Was viel mehr wiegt, ist die richtige Weltanschauung samt entsprechendem Engagement und der richtige Stallgeruch. Dass sie den hat, zeigt ein kurzer Blick auf Wikipedia.

Nicht, dass Frau Stach in dieser morgendlichen Andacht den Hörern etwas Neues, Interessantes, Originelles oder gar Tiefgründiges mitgeteilt hätte. Im Gegenteil. Nicht, dass sie als Person besonders spannend wäre. Nein, darum geht es nicht. Die Multikultiapologeten brauchen in Zeiten des politischen Klimawandels moralischen Beistand, Durchhalteparolen, Vorbilder, die ihnen auf die Schulter klopfen und sagen, dass sie eh noch immer auf der richtigen Seite stehen. Angesichts der Zweifel, die durch die immer größer werdenden Kollateralschäden und den vielen unschönen Entwicklungen aufkommen, ist das wichtiger denn je.

Wir erleben gerade den Niedergang einer weiteren Spielart des Sozialismus, der in seiner rezenten Ausprägung als eine Art atheistische Erlösungsreligion begriffen werden muss. Nach dem Scheitern des real existierenden Sozialismus Ende des vergangenen Jahrtausends feierten die 68er mit den marxistischen Derivaten Genderismus und Multikulti ihr  Comeback auf der Weltbühne, das so wie all ihre vorherigen Versuche gerade krachend und blutig scheitert.

Zurück zu Ö1 und Susi Stach. Was diese Sendung hörenswert macht: Frau Stach ist eine Folie, ein Abziehbild des politisch korrekten Zeitgeistes. Ein Schwamm, der alle linken Mainstreamweisheiten der vergangenen Jahrzehnte in sich aufgesogen und auch in die Praxis umgesetzt hat.

Alles was sie sagt und tut, alles woran sie glaubt, wovor sie Angst hat, passt perfekt in die vorgestanzten neosozialistischen Schablonen und Denkmuster. Linke Kollektivgewissheiten verkauft sie den Hörern als eigenes Wissen, als originäre Denkleistung. Von genau solchen Menschen träumen sozialistische Gesellschaftsingenieure und politisch korrekten Meinungsmacher in Politik, Medien und Kultur. Frau Stach ist ein idealtypischer Vertreter dieses Milieus, fest in ihren linken Glaubenssätzen.

Weshalb sie sich allen Menschen, die anders denken, die andere Ideale haben - inklusive ihrer orientalischen Schützlinge -, moralisch und intellektuell überlegen wähnt. Aus diesem Grund fühlen sich Menschen wie Frau Stach auch befugt und befähigt, ihren Mitbürgern gute Ratschläge zu erteilen oder, wenn sie dazu politisch in der Lage sind, ihnen Vorschriften zu machen.

Wer vom Wahrheitsanspruch beseelt ist, entwickelt stets einen missionarischen Eifer. Man könnte anderen Menschen auch einfach nur helfen und Politik jenen überlassen, die etwas davon verstehen. Doch linke Promis und Halbpromis aus der Kultur- und Unterhaltungsbranche fühlen sich stets berufen, die Welt mit ihren Weisheiten und Handlungsanleitungen zu beglücken. Das ist schließlich ihre eigentliche gesellschaftliche Aufgabe.

Doch all diese Belehrungen und Binsenweisheiten kommen nicht mehr so überzeugend rüber wie 2015, als dieses Milieu noch auf der Welle ihres selbst erzeugten und befeuerten Willkommenshypes geritten ist. Dass die linke Hegemonie und Deutungshoheit schwindet, dass nach dem Regierungswechsel in Wien nun auch der tiefe, linke Staat langsam zu erodieren beginnt, zeigt sich in der Sendung vor allem daran, dass Frau Stach zumindest pro forma und in Nebensätzen auf die Kritik an der linken Willkommenspolitik eingeht. Ja, es gäbe auch unter den Flüchtlingen „ein paar Arschlöcher“ ist da etwa zu hören. Mit der deftigen Wortwahl will Frau Stach wohl ihre Kritiker dort abholen, wo sie glaubt, dass sie sich befinden. Entlarvend. Doch solche Zugeständnisse an die Kritiker des Multikultiwahns sind keinesfalls ernst gemeint, denn es folgt wie das Amen nach dem Gebet das unvermeidliche ABER.

Und Frau Stach versichert in paternalistischem Tonfall, niemand brauche sich zu fürchten. So, als ob sie das einschätzen könnte. Wir kennen dieses beliebte linke Klischee, wonach jene, die politisch nicht weit genug links stehen, von irrationalen Ängsten gequälte Kleingeister sind. Im Gegensatz dazu sind die Angehörigen der politisch korrekten Wir-Gruppe allesamt mutig, couragiert, progressiv und weltoffen.

Man spürt während der gesamten Sendung das Bemühen, ihr Überlegenheitsgefühl, das sie so wie ihre Gesinnungsgenossen „rechten, von Hass zerfressenen Dumpfbacken“ gegenüber verspürt, nicht allzu sehr raushängen zu lassen. Immerhin. Nur, es will ihr nicht so recht gelingen. Zu sehr ist sie in ihren Denkmustern gefangen, zu sehr das Ego vom Zeitgeist aufgebläht, auch wenn der Rückenwind durch die linke Community in den relevanten gesellschaftlichen Bereichen spürbar schwächer wird.

Was sie 2015 als Flüchtlingshelferin getan habe, sei im Grunde ohne jede Alternative gewesen, stellt sie im Brustton der Überzeugung fest. Und sie frage sich, was man anders hätte tun sollen? Darauf erwarte sie sich von jenen eine Antwort, die das alles nicht „wollen würden“.

Sie hätte diese von ihr eingeforderte Antwort schon viele Male bekommen können, wenn sie nur gewollt hätte. Schließlich denke sie in letzter Zeit, so Frau Stach, viel über die aktuellen Entwicklungen nach, die sie sie sehr traurig machen würden: Was bedeutet dieser Rechtsruck, was wollen „die Menschen“, woher kommt der Hass? Das beschäftigt sie, sagt sie „und sie verstehe es nicht“. Damit will Frau Stach uns durch die Blume mitteilen, dass sie sich als moralische Lichtgestalt überaus schwertut, in die geistigen Niederungen des kleinen, autochthonen Österreichers hinabzusteigen.

Dabei wäre es sehr einfach. Es ist ja nicht so, dass die Kritik an der Multikultipolitik auf dümmliche Hasspostings beschränkt wäre. Es gibt - trotz der linken Vormachtstellung im Kultur-, Medien- und Wissenschaftsbetrieb - mittlerweile eine Vielzahl guter und intelligenter Bücher, Essays, Blogs, Zeitschriften oder Veranstaltungen, die diese Fragen schlüssig, fakten- und kenntnisreich beantworten würden. Sie müsste dazu nur ihren geistigen Schrebergarten, das sichere politisch korrekte Terrain verlassen. Hinter diesen geistigen Mauern, unbewacht von linken Gate-Keepern warten auf diesem weiten Feld die Antworten auch auf Frau Stach. Und das werden sie wohl noch lange tun.

Denn eine inhaltliche Auseinandersetzung ist weder gefragt, noch gewollt. Wie viel angenehmer und weniger anstrengend ist dagegen die Pose der an der Dumm- und Verkommenheit der Menschen verzweifelnden Denkerin. So könnte sich die gute Frau etwa ernsthaft mit der Geschichte des Islams im Allgemeinen und des politischen Islams im Besondern, des islamischen Imperialismus und des Djihad auseinandersetzen. Wenn sie sich dann noch auf Basis der Österreichischen Schule mit den Grundlagen der Ökonomie vertraut machen und die Geschichte des Sozialismus kritisch aufarbeiten würde, hätte sie auf viele Ihrer Fragen, die sie quälen, aufschlussreiche Antworten. Auch eine vergleichende Analyse der drei großen totalitären Ideologien Kommunismus, Faschismus und Islamismus könnte erhellend sein. Aber ihre Fragen waren ohnehin nur rhetorisch.

Menschen wie Stach wollen sich gar nicht ernsthaft mit inhaltlicher Kritik an ihrer Geisteshaltung und Weltsicht auseinandersetzen, denn das würde bedeuten, all das in Frage zu stellen, woran man bisher geglaubt hat und die Verantwortung für sein bisheriges Tun zu übernehmen. Das wird diesen Menschen aber ohnehin nicht erspart bleiben. Früher oder später.

Der aufschlussreichste Satz in dieser Sendung, der sehr viel offenlegt und erklärt, vor allem im Bezug auf ihr Verhältnis zu den Menschen, denen sie  so „selbstlos“ hilft,  fällt nebenbei: Sie sei im Umgang mit ihnen seit 2015 „strenger geworden“. Noch Fragen?