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Kurt Ceipek (oe1 Sa, 21.07.2018, 12:00)
Ö1 Mittagsjournal

Die einleitende Frage der ORF-Interviewerin Eva Haslinger an Minister Josef Moser, der „Im Journal zu Gast“ sein durfte, dürfte kaum einen der Zuhörer wirklich interessiert haben. Aber dieser Frage entkommt in diesen Tagen kein blauer, türkiser oder schwarzer Politiker, der ein ORF-Mikrofon vor das Gesicht gehalten bekommt. „Was sagen Sie zu den Äußerungen von Harald Vilimsky, der den Rücktritt des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker wegen dessen Alkoholproblems gefordert hat?“

Nachdem die ÖVP-Spitze offenbar entschlossen ist, nichts zu diesem Thema zu sagen, wäre es naiv gewesen, eine konkrete Antwort oder gar einen Tadel für Vilimskys Rücktrittsaufforderung zu erwarten. Aber so eine Frage stellt man, wenn der ORF – aus welchen Gründen auch immer – ein bevorzugtes Thema um jeden Preis am Köcheln halten will.

Wie gut der umstrittene ORF das Auswalzen von fragwürdigen Themen beherrscht, beweist er im Bedarfsfall immer wieder. Jedem ist noch in Erinnerung, wie wochenlang die Liederbuch„affäre“ von allen Sendern und  anderen Medien des ORF unentwegt getrommelt wurde. Gegenbeispiel war das von ORF-Journalisten (bzw. Journalistinnen) hinterhältig manipulierte Interview mit dem Tiroler FP-Spitzenkandidaten Markus Abwerzger vor der Tiroler Landtagswahl, das in Windeseile wieder unter den Teppich gekehrt wurde. Das sind nur zwei Beispiele von unzähligen solchen Fällen des umstrittenen Staatssenders, der sich aktuell offenbar immer besser in der Rolle des Oppositionssenders gefällt.

Doch zurück zum Moser-Interview. Die Interviewerin ließ es sich auch nicht entgehen, zum x-ten Male im ORF auf den umstrittenen Tadel des Bundespräsidenten hinzuweisen, dem nicht passte, dass Bundeskanzler Kurz sich nicht zu Vilimskys Rücktrittsaufforderung geäußert hat.

Nahtlos ging das Interview über in einen Versuch, Meinungsverschiedenheiten zwischen ÖVP und FPÖ innerhalb der Bundesregierung zu konstruieren. Das gelang gar nicht, worauf es Eva Haslinger vergeblich mit einem Konflikt zwischen der Bundesregierung und schwarzen Landeshauptleuten versuchte. „Eine Revolte aus dem Westen fürchten Sie nicht?“, lautete dazu die außergewöhnlich plumpe Frage. Moser dazu: Es sei „einer Demokratie würdig“, unterschiedlicher Meinung zu sein und seine Ideen konstruktiv einzubringen.

Zum Vorwurf machte der ORF dem Minister auch die Sparsamkeit der Regierung, weswegen er nicht einer Forderung der Gewerkschaft unverzüglich nachkommen will, die Zahl der Richter im Verwaltungsgerichtshof um mindestens 50 zu erhöhen. Ein kostspieliger Wunsch. Dass jeder einzelne Minister von irgendwelchen Gruppierungen mit teuren Wünschen überhäuft wird, wobei alle Personalnot oder Geldmangel oder beides ins Treffen führen, war der ORF-Interviewerin keine Überlegung wert.

Aufgrund der empörten Reaktionen darf man annehmen, dass die ungeliebten Sparpläne der Regierung langsam in die Realität umgesetzt werden. Da sind Rücktrittsaufforderungen gegen irgendwelche Spitzenpolitiker günstiger. Die verursachen wenigstens keine Kosten.