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Werner Reichel (oe1 Sa, 06.10.2018, 12:00)
Ö1 Mittagsjournal

Wenn im ORF-Fernsehen oder -Radio ein SPÖ-Politiker befragt wird, dann gleicht das seit einigen Monaten einer Selbsthilfegruppe, einer öffentlichen Therapiesitzung. Die beiden gefrusteten Gesprächspartner beraten über Konzepte, Strategien und Lösungen, wie die angeschlagene SPÖ möglichst rasch aus der Krise und in eine Regierung kommt. Das ist für den ORF mindestens genauso wichtig wie für die Sozialisten. Denn langsam gehen den Sozis die Versorgungsposten aus. Die Machtbasis, die man sich über Jahrzehnte geschaffen hat, beginnt rissig zu werden. Und sollte Wien fallen, wäre das der Super-GAU für die Sozialisten. Was also tun? Diese Frage stellen sich ORF und SPÖ Tag für Tag. Antworten haben sie bisher keine gefunden.

Das war auch im Ö1-Mittagsjournal so, als Ex-Bundespräsident Heinz Fischer zu Gast war. Immer wieder wurde das Urgestein des linken SPÖ-Flügels gefragt, wie die SPÖ wieder auf die Siegerstraße zurückkehren könne. Doch Fischer hat diesbezüglich genauso wenig Tau wie der Rest der Partei. Außer abgedroschenen Phrasen und ranzigen linken Rezepten hat er nichts anzubieten.

Fischer, der seine schwere sozialistische Schlagseite gerne mit anstrengendem Geschwurbel und formelhafter Sprache kaschiert, jammerte vor allem über die neue Regierung. Was sonst. Er sorgt sich um die „Ausgewogenheit in der österreichischen Politik“. Ausgeglichen ist sie nur, wenn ein Roter im Bundeskanzleramt und möglichst viele Genossen an möglichst vielen Schalthebeln der Macht sitzen.

Noch mehr Angst machen Heinz Fischer Herbert Kickl und der BVT-Skandal. Was genau fragt die ORF-Dame nach. Das hätte sie nicht tun dürfen. Heinz Fischer: „In der Lektüre dessen, was sich im Untersuchungsausschuss abspielt, in der Lektüre dessen, was der Generalsekretär oder der Sektionschef des Justizministeriums dazu sagt, in der Hitzigkeit der Konfrontation im Parlament, in der Intensität, mit der hier Vorwürfe ausgetauscht werden. Das alles ist ja nicht erfreulich, wenn im Mittelpunkt dessen eines der sensibelsten Ämter und eine der sensibelsten Behörden unsere Republik steht. Und dann vor der gleichen Republik Polizeibeamte einmarschieren, wie wenn etwas ganz Gefährliches zu bearbeiten wäre. Ich sage jetzt nicht zu bekämpfen, aber bearbeiten wäre.“

Häää? Ganz langsam. Was genau ist jetzt der Skandal? Die Hitzigkeit der Konfrontation, die Intensität der Vorwürfe? Was beunruhigt den alten Sozialsten am BVT-Skandal und an Kickl?

Er weiß es, nachdem alle linken Verschwörungstheorien in sich zusammengebrochen sind, ebenso wenig wie Falter, Schieder, Pilz, ORF und Co. Und weil er nicht zugeben kann und will, dass sich die Vorwürfe von linker Seite allesamt als böse Unterstellungen herausgestellt haben, faselt er unverständliches Zeug, ohne konkrete Aussage und Sinn. Womit wir wieder beim Anfang, bei der ORF-SPÖ-Therapiesitzung sind. Wie findet die SPÖ aus der Krise? So jedenfalls nicht.