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Kurt Ceipek (ORF1 Fr, 05.10.2018, 23:50)
ZIB 24

ZiB24-Moderatorin Lisa Gadenstätter übertraf sich selbst: Während sie einen Beitrag über den Auftritt von Thilo Sarrazin in der Wiener Stadthalle ankündigte, erinnerte ihr Gesichtsausdruck an jenen von Bundespräsident Thomas Klestil bei der legendären Angelobung der ÖVP-FPÖ-Regierung unter Wolfgang Schüssel. Dann beschränkte sie sich vor allem darauf, ihre Verachtung für den Interviewpartner zur Schau zu stellen.

Dass der ORF nicht gerade gerne einen solchen Bericht und ein darauffolgendes Interview mit Sarrazin brachte, war in jeder Sekunde spürbar. Aber wenn der öffentliche Druck auf den öffentlich-rechtlichen Sender zu groß wird, dann muss es eben sogar im ORF gebracht werden. Sicherheitshalber versteckt man das Gespräch mit Sarrazin und dem Chefredakteur der schweizerischen Zeitung „Die Weltwoche“, Roger Köppl, in einer Sendung knapp vor Mitternacht.

Das Interview leitete die ungemein nervös, hilflos und desorientiert wirkende Lisa Gadenstätter gleich mit mit Kritik an Sarrazins neuem Bestseller „Feindliche Übernahme“. Keine eigene Kritik, sondern Zitate aus Zeitungskritiken, wie „man hat sie als verbitterten alten Mann beschimpft, der besser mit seiner Eisenbahn spielen sollte“ und viele hätten gesagt, „man solle ihren Thesen keine Plattform geben“.

Sachliche Kritik war nicht dabei. Der Vorwurf an Sarrazin lautete lediglich, dass das Buch die Fremdenfeindlichkeit weiter verstärken dürfte. Das sei „ein albernes Argument“, wies der ein wenig desinteressiert wirkende und gar nicht scharf konternde Sarrazin die weitgehend hilflose Interviewerin zurecht. Muslime seien eine Gruppe von Einwanderern, die sich in allen europäischen Ländern schlechter integriere als andere. Daher müsse man das analysieren. Radikalität, hohe Kriminalität, hohe Arbeitslosigkeit, Unterdrückung von Frauen und Kinderreichtum seien Fakten, die man nicht beiseite wischen dürfe.

Weltwoche-Chefredakteur Roger Köppel warf ein, „die Tabuisierung eines Themas, das wirklich die Leute beschäftigt, das produziert den Radikalismus“. Und als der eidgenössische Chefredakteur zu Gadenstätter meinte, „Sie haben die Frage gestellt, wie man die Zuwanderung aus muslimischen Ländern verhindern soll“, unterbrach die hilflose ORF-Frau aufgeregt: „Nein, das hab ich nicht gefragt.“

Als Köppel die Antwort dennoch geben wollte, unterbrach ihn Lisa Gadenstätter energisch mit dem Totschlagargument für jede unerwünschte Antwort: „Ich muss ein bissl auf die Zeit schau'n, sonst komm ich in Teufels Küche.“ Dann wollte sie von Sarrazin dringend wissen, was er dazu sage, in der Spiegel-Bestsellerliste nicht mehr die Nummer 1 zu sein. Wie viele der Zuseher mag das wohl interessiert haben?

Apropos Zeitknappheit. Im letzten Beitrag der ZiB24 wurde viel Zeit vergeudet, für einen mehr als dreieinhalb Minuten langen „Kultur“-Bericht über eine Sängerin und Aktionskünstlerin namens Mavi Phoenix, für deren Konzerttournee durch Österreich und eine neue CD heftig geworben wurde. Dieser nichtssagende Beitrag wäre nicht einmal eine Kurzmeldung wert gewesen.