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Werner Grotte (NDR Di, 23.10.2018, 23:30)
Weltbilder

Der NDR macht sich Sorgen um Brasilien. Nicht etwa, weil dort Misswirtschaft, Korruption, Armut, Drogen und Bandenkriege die Bevölkerung bedrohen. Nein: Die Sorge gilt Transsexuellen, Lesben und anderen sexuellen Randgruppen, die sich durch den „rechtsradikalen“ Kandidaten Jair Bolsonaro bedroht fühlen. Der hatte in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen am 7. Oktober solide 46 Prozent der Stimmen für sich geholt – sein Konkurrent aus der linken „Partido dos Trabalhadores“ (PT), der an Stelle des im Gefängnis sitzenden Ex-Präsidenten Lula da Silva angetreten war, hatte gerade einmal 29 Prozent der Brasilianer überzeugen können.

Doch im NDR-Magazin „Weltbilder“ ging es nicht um die berechtigten Sorgen der großen Mehrheit der Brasilianer. Ganz im Gegenteil: Eine korpulente, schrille „Trans-Aktivistin“ in hautengem, blauem Kleid und ohne Unterwäsche, die ein Wohnheim für Gleichgesinnte führt, durfte vor der NDR-Kamera darüber schwadronieren, wie fürchterlich die Verfolgung sexuell anders Orientierter durch den deklarierten Schwulen-Hasser Bolsonaro werden würde. Dazu wurde Archiv-Material eingespielt, das Bolsonaro zeigt, wie er einem Gesprächspartner gegenüber erklärte, er hätte lieber einen drogensüchtigen Sohn als einen schwulen.

Auch eine in die Jahre gekommene Parade-Lesbe Brasiliens durfte sich in dem Beitrag zu Wort melden und ihre Befürchtungen über die zu erwartenden schlimmen Folgen von Bolsonaros Wahl zum Präsidenten für die Lesbenszene zum Besten geben. Man konnte förmlich den Eindruck gewinnen, der potentielle nächste Präsident Brasiliens hätte gar keine anderen Sorgen, als sexuelle Randgruppen zu verfolgen und es stünde eine neue Art der Hexenverbrennung bevor.

Wer die großen innenpolitischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme des 209-Millionen-Einwohner-Staates Brasilien kennt, kann sich an drei Fingern ausrechnen, dass Bolsonaro, sollte er bei der Stichwahl am kommenden Sonntag (28. Oktober) tatsächlich gewinnen, ganz andere Sorgen haben wird, als Repressalien gegen Schwule, Lesben, Transen & Co. anzuzetteln. 

Dass diese unter breiten Teilen der vielfach erzkatholischen Bevölkerung Brasiliens keine besonderen Sympathien besitzen und auch schon bisher - egal unter welcher Regierung - angefeindet wurden, steht auf einem anderen Blatt. Das sich der NDR geflissentlich nicht umzudrehen getraute. Es ist ja viel praktischer, wieder einmal einen erfolgreichen „rechtsradikalen“ Politiker mit diffusen Verdächtigungen anzufeinden.

Das Problem linker Journalisten ist halt nur, dass es immer mehr solcher Bösewichte in - gewählter - Regierungsverantwortung gibt: Trump, Orban, Strache, Salvini, Kaczynski, bald vielleicht auch Bolsonaro - ganz zu schweigen von den bösen Australiern und Neuseeländern, die Migranten gar nicht erst an Land lassen...