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Aron Sperber (oe1 Fr, 01.03.2019, 18:20)
Europa-Journal

Ö1 widmet der Deportation der Tschetschenen durch Stalin von 1944 einen ausführlichen Beitrag.

Natürlich war Stalin ein grausamer Tyrann, der keinen Widerstand duldete und die besiegten Völker grausam behandelte. Ein Aspekt wird bei der ORF-Erzählung jedoch ausgelassen, obwohl er sonst bei der Behandlung und Bewertung von Ereignissen des Zweiten Weltskrieges von zentraler Bedeutung ist. Nämlich die Frage: Auf welcher Seite standen die Tschetschenen?

Wer sonst – freiwillig oder unfreiwillig – auf Hitlers Seite stand so wie wir Österreicher oder die kroatischen Ustascha, konnte sich kaum als Opfer präsentieren, selbst wenn ebenfalls viele Unschuldige an den Kriegsfolgen leiden mussten.

Nur bei den Tschetschenen durchbricht der ORF die übliche Grundordnung. Muslimischen Flüchtlingen wird selbst ein Bündnis mit Adolf Hitler nachgesehen.

In weiterer Folge wird im Beitrag den Russen auch die Alleinschuld an den jüngeren Kriegen zugewiesen. Dass 1999 von der damals "Unabhängigen Republik Tschetschenien" aus Dschihadisten in die russische Nachbarrepublik Dagestan eingefallen waren und so den zweiten Krieg ausgelöst hatten, macht der ORF nicht zum Thema.

Als Putins Vasall wird dem bösen Kadyrow vorgeworfen, die Deportation der Tschetschenen vor 75 Jahren nicht hinreichend zu würdigen. Dass seine Vorfahren genauso unter Stalins Opfern waren, wird dabei ausgeblendet. Völker werden sich kaum versöhnen, wenn sie auf ewig die Verfehlungen der Gegenseite zelebrieren. Insofern ist der Vorwurf gegen Kadyrow ziemlich hohl, außer man ist für eine Fortsetzung des Krieges gegen Russland.

Zu guter Letzt war auch die im Beitrag genannte Zahl (25.000) der Tschetschenen in Österreich unrichtig. Laut dem ehemaligen Innenminister Sobotka waren es vor zwei Jahren rund 35.000.

Sie waren zwar tatsächlich bei Stalin und heute bei Putin Opfer. Sie waren jedoch mit Hitler und heute mit dem IS auch Täter.