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Niklas G. Salm (oe1 Do, 21.03.2019, 18:25)
Journal-Panorama

"Venezuela: Der Absturz" lautete das Thema diesmal im Journal-Panorama des Roten Kanals Ö1. Eine wahrlich diffizile Angelegenheit für die Rotkanalisten, war doch Venezuela mit seinem "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" lange der Sehnsuchtsort vieler europäischer Linker, die dort eine Art Paradies auf Erden zu erblicken glaubten. Nun, daraus wurde bekanntlich wieder einmal nichts, denn die Chavez-Sozialisten haben auch das erdölreichste Land der Erde binnen überschaubarer Zeit in ein echtes Shithole-Country verwandelt, wie Donald Trump es vermutlich formulieren würde.

Aus dem erhofften Sozi-Paradies wurde dann doch wieder nur die Hölle auf Erden. Wie schon in der Sowjetunion, der DDR, im China Maos, im Kambodscha Pol Pots oder in Nordkorea. Die Inflation bewegt sich im Millionen-Prozent-Bereich, es gibt die üblichen Schlangen vor jedem Geschäft (selbst Klopapier ist knapp - dafür kann man ja jetzt zumindest die hart verdienten Geldscheine dem gleichen Nutzen zuführen), 90 Prozent der Bevölkerung hungern und die Wirtschaft ist weitgehend zusammengebrochen. Es herrscht Chaos in dem einst wohlhabenden, an Rohstoffen reichen Land.

All das müssen auch die roten Kanalarbeiter schweren Herzens in diesem Bericht zugeben. Es zu leugnen hätte keinen Sinn mehr – zu sehr hat sich das Scheitern der Chavez-Sozen rund um dessen Nachfolger Maduro schon herumgesprochen. Darum berichtet man über das politische und soziale Chaos mit Sozi-Präsident und Gegenpräsident, über Hinrichtungen ohne Gerichtsverhandlungen, Straßenschlachten, ein kollabiertes Gesundheitssystem, Medikamentenmangel und allgegenwärtigen Hunger.

Allerdings tut man das erstaunlich gelassen, nüchtern und distanziert. So, als würde man ein Fußballspiel kommentieren, bei dem die eigene Mannschaft leider, leider ihre Leistung gerade nicht abrufen kann. Dumm gelaufen, beim nächsten Mal vielleicht wieder. Selbstverständlich spielen auch äußere Einflüsse eine gewichtige Rolle. So haben laut Rotem Kanal natürlich auch US-Sanktionen zu der misslichen Lage des Landes beigetragen – eh klar. Die bösen Amis und dann noch der Trump. Na pfui.

Gut, Maduro lässt keine Hilfsgüter ins Land, weil er die Krise abstreitet und auch keine Versorgungsengpässe erkennen will. Eine Hungersnot schon gar nicht. Stattdessen spricht er davon, dass die Hilfsgüter ohnehin nur aus verdorbenen Lebensmitteln bestehen würden, um Venezuela zu demütigen. Dieser totale Unsinn wird einfach unkommentiert berichtet – immerhin ist Maduro Präsident, sozialistischer Präsident! Da könnte ja sein, dass er doch irgendwie Recht hat. Weil die Sozis ja eigentlich doch die Guten sind. Also fast immer.

Man kann sich lebhaft vorstellen, wie sich alle an diesem Journal-Panorama beteiligten Rotkanalisten vor inneren Schmerzen gewunden haben. Bei der Erstellung des Beitrags und bei dessen Ausstrahlung. Hoffentlich musste zumindest keiner künstlich beatmet werden. Es muss einer der härtesten Augenblicke in der Argentinierstraße seit der Angelobung der Regierung Kurz-Strache gewesen sein. Angeblich hat Stefan Kappacher dabei auf der Toilette geweint. Vielleicht hat ihn aber wenigstens Julia Herr getröstet.

Man stelle sich jetzt vor, ein rechtes Regime hätte Ähnliches vollbracht, die Wirtschaft eines vorher wohlhabenden Landes brutalst an die Wand gefahren, die Inflation angeheizt, Millionen Menschen in die Flucht getrieben, Menschen ohne Gerichtsverfahren von Schlägertrupps ermorden lassen, eine Hungersnot heraufbeschworen und dann auch noch die Einfuhr von Hilfsgütern verhindert. Ja, da wäre was los gewesen im Roten Kanal. Vermutlich wäre mit erhobenem Zeigefinger sogar eine Kriegserklärung gegen diese Faschisten gefordert worden – im Namen der Menschlichkeit.

Aber so spult man die Berichterstattung routiniert-steril herunter, während vielleicht die eine oder andere kleine Träne über ein knallrotes Bäckchen gekullert ist. Verurteilt und an den Pranger gestellt wird niemand. Außer vielleicht die USA wegen der Sanktionen. Und schon gar nicht wird offen eingestanden, dass der Sozialismus wieder einmal krachend gescheitert ist und verbrannte Erde hinterlässt. Nein, nein. Ist bloß blöd gelaufen. Vielleicht später einmal. Man müsste halt nur noch einmal probieren – diesmal aber richtig!

PS: Man muss den beteiligten Rotkanalisten aber zumindest zugutehalten, dass nicht Innenminister Kickl als eventuell Mitschuldiger an den Zuständen in Venezuela ins Spiel gebracht wurde. Wobei, vielleicht kommt das ja noch …