ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


Andreas Unterberger (ORF 2 So, 26.05.2019, 17:00)
Wahlberichterstattung

Man kann ja verstehen, dass man im ORF mit dem Wahlergebnis gar keine Freude hat, aber so schlecht und phasenweise fad hätte das Gebührenfernsehen die Berichterstattung dennoch nicht machen müssen:

  1. Da waren die Privatsender (nur Servus-TV hat sich erstaunlicherweise aus der aktuellen Berichterstattung total ausgeklinkt) weit lebendiger.
  2. Da hat man auf anderen Sendern längst schon spannende Informationen über andere Wahlergebnisse erfahren – etwa den sensationellen Trend aus Deutschland, einem ja nicht ganz unwichtigen Land, oder den ebenso sensationellen aus Frankreich, dem zweitgrößten EU-Land. Der ORF-Kirchturmhorizont blieb hingegen lange auf die österreichische Nabelbeschau reduziert (das ist psychologisch auch wieder klar, weil es gerade in den beiden genannten Ländern der Linken noch viel schlechter gegangen ist).
  3. Da war – wie schon seit Wochen – das ständige "die Spitzenkandidatin und die Spitzenkandidaten" zwar zweifellos genderistisch-politisch-korrekt, aber in der Dichte des Wahlabends wurde es für die Zuhörer absolut unerträglich (während sogar das von einer linken Feministin geleitete Puls4 nur von den "Spitzenkandidaten" sprach).
  4. Da behauptete der Gebührensender in einer Ankündigung, dass später am Abend "die Spitzen der Parteien" zu sehen wären – zeigte aber gleichzeitig im Bilde die Herren Karas und Schieder. Also wissen sie entweder nicht, wer die Spitzen der Parteien sind, oder lügen halt wieder einmal (dieser Text entstand, bevor klar wurde, wer dann wirklich auftrat).
  5. Da zeigte Hans Bürger wieder einmal, wie sehr er bei nicht abgesprochenen Fragen überfordert ist: "Das is an bisserl schwierig". Ansonsten wustte er sich bei jedem Einstieg immer nur tzu wundern, dass die SPÖ doch eigentlich unerwartet schlecht abgeschnitten habe. Vielleicht kann er beim nächsten Mal seine durch nichts gedeckten persönlichen Erwartungshaltungen doch zurückhalten.
  6. Da war kein ORF-Mensch imstande, das Sensationellste am ersten Kurz-Statement zu entdecken: Dass er nämlich allen möglichen ÖVP-Menschen für das Wahlergebnis dankte - aber nicht dem eigenen Spitzenkandidaten Karas. Das musste jedem zur Beobachtung fähigen Journalisten auffallen. Aber eben keinem ORFler.
  7. Da gab es ständig große akkustische Probleme, weil der Herr Voggenhuber den drei Meter entfernten Interviewer nicht hören konnte, und weil die Partei-Anhängerschaften schon darauf trainiert sind, bei jedem ORF-Einstieg wenn irgend möglich in jubelndes Dauergebrüll auszubrechen. Was ja drei Sekunden lang nett ist, was aber völlig die Interessen der ORF-Konsumenten ignoriert, der nach diesen drei Sekunden des Gebrülls überdrüssig wird. 
  8. Da behauptete man dauernd, Aktualisierungen der Wahlausgang-Schätzungen zu präsentieren – und zeigte doch immer nur das bis aufs Zehntel gleiche Ergebnis (was angesichts der Methodik eigentlich auch völlig klar war). Was die ORF-eigene Schätzung zusätzlich fragwürdig machte. Verändern sich doch normalerweise sogar die ja eigentlich viel genaueren und auf echten Ergebnissen beruhenden Hochrechnungen während der ersten beiden Stunden ständig.
  9. Da verwechselte Tarek Leitner – unkorrigiert – das Ergebnis von ÖVP und SPÖ.
  10. Und da war jeder Auftritt des moderierenden Leitner auch sonst so von hektischer Nervosität geprägt, dass man ständig daran denken musste, wie souverän der junge Kollege Pötzelsberger das bei der – zweifellos viel schwieriger zu moderierenden – Ibiza-Krise gemacht hat, aber gegen die alteingesessenen Pölatzhirschen keine Chance bekommt.