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Werner Reichel (Ö1 Mo, 07.10.2019, 08:00)
Journal um acht

So gut gelaunt und freudig wird ein morgendliches Ö1-Journal selten eröffnet. Aber die Alt-68er im Wiener Funkhaus haben auch allen Grund dazu. Nachdem Joy Pamela und ihre Genossen vor einer Woche bei 21 Prozent aufgeschlagen sind, der böse Basti trotz aller ORF-Anstrengungen mit Rekordvorsprung die Wahl gewinnen konnte, feiern die Sozialisten endlich wieder einen großen Sieg. Wenn auch nur im fernen Portugal.

Das kleine Land mit der schwachen Wirtschaft und seinen 10 Millionen Einwohnern zählt nicht gerade zu den bedeutenden EU-Staaten. Den meisten Österreichern ist es auch ziemlich schnuppe, wer dort regiert. Egal, bei Ö1 feiert man eben die Feste, wie sie fallen. Deshalb ist der erste Satz aus dem gut gelaunten Ö1-Studio in diesem Morgenjournal: „Wahlsieg der Sozialisten in Portugal, völlig gegen den europäischen Trend.“

Die Aufmacher-Geschichte aus Portugal leitet die Ö1-Sprecherin so ein: „Es klingt schon nach einem kleinen politischen Wunder (…).“ Und weiter: „Der sozialistische Regierungschef Antonio Costa, der die Sparvorgaben im Euro-Krisenland durchsetzen musste, und das mit einer Minderheitsregierung, ist mit knapp 37 Prozent die Nummer eins. Die Konservativen verlieren fast 10 Prozentpunkte auf Costas Partei.“

Die euphorische Redakteurin fragt ORF-Korrespondent Josef Manola, was denn Costa besser mache als seine europäischen Parteikollegen. Und Herr Manola legt los: Costas habe Handschlagqualität, sei volksnah, er würde trotz eines Zwischenfalls nicht von Polizisten begleitet – dieser Teufelskerl –, er spreche mit den Menschen, schaue ihnen in die Augen und er sei ein Politiker zum Anfassen. Glaubwürdig sei er obendrein, zudem vermittle er Optimismus. Ob Costas auch übers Wasser gehen kann, ließ Manola leider offen.

Vermutlich schon, nach dem was der ORF-Mann vor Ort so erzählt hat. Dass Portugal seinen wirtschaftlichen Aufschwung vor allem einem Tourismusboom zu verdanken hat, führt man nicht näher aus, zumal dieser Boom auf Faktoren beruht, auf die der große Sozialist Costas gar keinen Einfluss hat, wie etwa die schlechte sicherheitspolitische Lage in anderen sommerlichen Urlaubsdestinationen wie den nordafrikanischen Staaten oder der Türkei. Egal.

Und jetzt stellen wir uns vor, in einem EU-Land gewinnen nicht die Sozialisten, sondern einer dieser sogenannten Rechtspopulisten eine Wahl: XY spaltet das Land. Die Opposition ist besorgt. Kritische Stimmen aus Brüssel. Haben russische Hacker die Wahlen beeinflusst? Mit rechter Propaganda und Angstmache zum Wahlsieg. Was bedeutet der Rechtsruck in XY für Europa? Was hat die linke Opposition falsch gemacht?

Der ORF-Konsument kennt das. Ö1 ist eben ein objektiver Informationssender. Deshalb bekommt er auch so viele Gebühren. Freundschaft.