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Werner Reichel (ORF2 Do, 02.01.2020, 21:05)
Die Grüne Welle im ORF

Die Doku „Grüne Welle - Raus aus dem Parlament, rein in die Regierung?“ ist eine Liebeserklärung des ORF an die Grünen. Hätte man den Grünen einen ORF-Kamera-Mann ausgeliehen und gesagt: „Dreht’s euch die Doku selber“, sie wäre vermutlich kritischer ausgefallen.

Noch weniger Distanz zwischen ORF und Grünen geht nicht. Die Doku ist eine Heldensage, von einem, der aus der steirischen Provinz auszog, um nach vielen Schlachten, Prüfungen und Schicksalsschlägen Österreich und den Planeten zu retten. Schon als junger Steirerbua – wissen die ORF-Chronisten zu berichten – begeisterte er seine Umgebung mit Mut und Tatkraft, kämpfte entschlossen gegen Mülldeponien etc.

Werner Kogler wird vom ORF als eine Art Polit-Pop-Star verkauft, der aus der außerparlamentarischen Opposition auferstanden ist, um uns Österreicher zu retten. Die grüne Welle müsse man auch reiten können, sagt der linke Polit-Messias selbstbewusst in die ORF-Kamera. Der Mann, der alles kann. Selbst mit den Trachten tragenden Bauernschädln kommt er zurecht, wie der ORF bewundernd feststellt.

Nicht ein kritisches Wort. Auch nicht über seine grüne Truppe, allesamt aufrechte Kämpfer für das Gute, die durch diverse Rückschläge gestärkt und geläutert hervorgingen. In der Doku kommen nur Grüne und der Ex-Grüne Peter Pilz zu Wort, kein Kritiker, kein kritisches Wort. Eine 50 Minuten lange grüne Belangsendung. Nordkorea lässt grüßen.

Die grüne Plastikbrille, das neue Markenzeichen Koglers, wird vom ORF immer wieder originell ins Bild gerückt, am Ende der Doku hängt sie über der Ortstafel seines steirischen Heimatdorfes, dahinter die aufgehende Sonne, untermalt von treibenden Gitarrenriffs. Trotzdem wird das ORF-Machwerk in der TV-Thek als „Doku & Reportage“ geführt.

Würde man den Wert einer solchen TV-Propaganda den Grünen als Spende des ORF verbuchen, sie hätten das neue Jahreslimit von 750.000 Euro vermutlich Anfang Februar bereits überschritten. Vor allem wenn man sich vorstellt, wie eine solche ORF-Doku etwa über Herbert Kickl aussehen würde.

Dass sich eine zur Objektivität und Ausgewogenheit verpflichtete öffentlich-rechtliche Anstalt ohne jeden Genierer einer Partei dermaßen andient, geht nur durch, weil viele andere Meinungsmacher und Medien, vor allem die sogenannten kritischen Qualitätsblätter wie Falter oder Profil, und auch die diversen Medienexperten und Publizistikwissenschaftler eine ganz ähnliche Beziehung zu den Grünen haben.

Das Verhältnis zwischen ORF und Grünen scheint noch inniger zu sein als jenes mit der vom ORF mittlerweile abgelegten SPÖ. Es gab wohl noch nie eine österreichische Partei, die mit so viel medialer Unterstützung bzw. Verehrung regieren konnte, die aus einer großen medialen Komfortzone heraus agieren kann.

Nachdem der ORF und andere Mainstreammedien als kontrollierende vierte Macht im Staate ausfallen, liegt es an den kleinen, alternativen und freien Medien, die Skandale, Postenschachereien und Fehltritte der Grünen zu thematisieren. Der ORF wird es nicht tun.