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Niklas G. Salm (Online Do, 13.02.2020, 17:43)
Genossen kürzen Streikenden das Gehalt? Wurscht!
Link: https://salzburg.orf.at/stories/3034478/?fbclid=IwAR3WzYmp-k5N0hRmgWtbnChCRfvzWeUZHNFwfv4bznrp9rXoroHMgwmwEc4

Der ORF gibt sich gerne als Kämpfer für die Unterdrückten, die Beladenen dieser Welt, für bedrängte Minderheiten, Schutzsuchende und natürlich für die ausgebeuteten Arbeitnehmer. Man denke nur an den von den Küniglberger Kohorten angeführten medialen Aufschrei angesichts des 12-Stunden-Tages. Man meinte, Sklaverei und Leibeigenschaft seien in diesem Land wieder eingeführt worden. Klar, schließlich ist die Rundfunk-Kolchose eine Trutzburg gutmenschlichen Widerstandes gegen neoliberale und turbokapitalistische Ausbeutung!

Es gibt aber auch Themen und Meldungen, da können die Genossen ganz anders. Streichelweich, zurückhaltend, nüchtern und vor allem kurz und knapp. Rein zufällig passiert das immer dann, wenn es für die linken Gesinnungsfreunde irgendwie blöd, peinlich oder sonstwie unangenehm werden könnte. Wie in diesem Fall: "Volkshilfe will Streikenden den Lohn kürzen". Ja, Sie lesen richtig. Da soll armen Ausgebeuteten, die gegen ihr Elend vom Streikrecht Gebrauch machen wollen, glatt auch noch der Lohn geraubt werden. 

Es geht um die Warnstreiks in der Pflegebranche, wo viele brave, linksgetaktete Weltfremde und Weltenretter für eine 35-Stunden-Woche auf die Straße gehen. Doch in dem vorliegenden Bericht kann man keinen empörten Aufschrei a la 12-Stunden-Tag finden. Nirgendwo sind harte Worte zu lesen. Keine bösen Kapitalisten, die den Arbeitnehmern ihre verfassungsmäßigen Rechte streitig machen wollen. Keine Ausbeuter, keine Unterdrücker, nichts. 

Ja warum nur? Man stelle sich vor, eine blaue oder schwarze Firma, Organisation oder Behörde würde Ähnliches verlautbaren. Die Hysterie wäre enorm. Vor allem und gerade im ORF. Aber da kommen wir schon zu des Pudels Kern - die Lohnkürzer sitzen diesmal in der roten Volkshilfe und sind somit ebenso Genossen wie die Streikenden. Was soll man da machen? Am besten keinen großen Wind. Schnell nüchtern ein paar Sätze in die Tastatur gehackt und fertig. 

In so einer Situation gerät der ORF quasi zwischen die Fronten. Weit und breit kein ideologisch einwandfrei identifizierbarer Bösewicht in Sicht, nur Gute. Da kann man doch keinen Skandal daraus basteln. Ganz anders sieht es aus, wenn ein blauer Innenminister das Wort "konzentriert" verwendet, irgendwo ein jahrzehntealtes Liederbuch auftaucht, oder der türkise Bundeskanzler die allseits bekannten roten Netzwerke in der Justiz zu kritisieren wagt. Ja dann - aber so? Die Volkshilfe gehört doch zu den moralisch Überlegenen, ihr Chef hat sogar die letzte türkis-blaue Regierung wüstest beschimpft. Ein Oberguter also. Da muss man schon ein Auge zudrücken. 

Und so liest man in dem kargen Bericht bloß: "Die einzige Konsequenz der sozialdemokratischen Hilfsorganisation gegen die Streikenden sei rechtlich abgesichert. Behr will nun die nicht geleistete Arbeitszeit den Teilnehmern vom Lohn abziehen." Na eben, alles rechtlich abgesichert. Wozu also Kritik üben? So geht das. Ähnlich war das übrigens, als kürzlich linke PflegehelferInnen vor dem grünen Sozialministerium demonstriert haben. Kurz gemeldet, fertig. Kein weiterer Kommentar nötig. 

Aber wenn Herbert Kickl auf das Urlaubsgeld seiner slowakischen Putzfrau vergessen würde (das Beispiel ist frei erfunden), ja das wäre was. Inquisitor Armin Wolf wäre entfesselt, Lou Lorenz-Dittlbacher noch grantiger als sonst und tagelange Dauerberichterstattung garantiert. Man denke nur an die illegale Pflegerin von Wolfgang Schüssel. Aber wenn rote Genossen und Arbeiter-Erlöser ihren streikenden Angestellten im Gegenzug für den Streik das Gehalt kürzen, dann ist das eh gesetzlich abgesichert. Super! Schiefe Optik? Ach was...