ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


Andreas Unterberger (ORF 2 Mo, 30.03.2020, 11:10)
Corona-Pressekonferenz

Es ist atemberaubend, wie der ORF selbst in der Corona-Krise seine Informationspflichten gröblich verletzt - und gleichzeitig die Berichterstattung parteipolitisch zu instrumentalisieren versucht. Das hat er bei der von allen Österreichern mit Spannung erwarteten Pressekonferenz des Bundeskanzlers und dreier Minister krasser denn je gezeigt.

Dabei ist es immerhin um die erste substanzielle Information über neue Maßnahmen und Strategien nach einer Woche gegangen. Also über Dinge, die ungefähr acht Millionen Österreicher sehr intensiv angehen und interessieren. Und was tut der ORF? Er steigt nach der ersten Frage an Kurz &. Co einfach mit seiner Übertragung aus. Dabei sind sehr oft bei Pressekonferenzen die Fragen (und Antworten beziehungsweise Nichtantworten) interessanter als das, was offiziell gezeigt wird. Daher interessiert die Zuschauer absolut jedes Wort der wichtigsten Veranstaltung der ganzen Woche.

Nun, die in den letzten Monaten und Jahren aufgeblühten privaten Nachrichtenkanäle können solche katastrophalen Schnitzer des ORF nur freuen. Und jedenfalls ist jeder solche Tag ein Argument mehr gegen die Zwangsgebühren, an dem der ORF glaubt, das Gequatsche seiner Redakteure würde die Zuseher mehr interessieren als solche Pressekonferenzen.

Im konkreten Fall ist der Ausstieg des ORF doppelt skandalös: Denn der linke Gebührensender hat sein vorzeitiges Aussteigen genutzt, um die Gegenpressekonferenz der SPÖ-Vorsitzenden zu übertragen. Deren Worte mögen zwar die Küniglberg-Genossen brennend interessieren, aber in solchen Tagen ist halt hundertmal relevanter und interessanter, was die Regierung sagt und tut, als eine noch so bemühte Oppositionspolitikerin.

Wohl ein weiterer Grund fürs Aussteigen ist die kollektive ORF-Scham dafür, dass halt die Fragestellungen fast aller anderen Journalisten immer intelligenter sind als die des ORF-Vertreters, der als erster am Wort war.

Das hat dieser diesmal wieder hundertprozentig bestätigt. Denn er hat allen Ernstes diese erste (und seine einzige) Fragemöglichkeit dazu genutzt, um "Rücktritte" in Tirol zu verlangen!

Das ist wirklich reinste parteipolitische Infamie, auch wenn zweifellos in Tirol Fehler begangen worden sind. Aber der ORF hat noch nie die zahllosen Fehler des  Gesundheitsministers thematisiert, geschweige denn nach dessen Rücktritt verlangt. Obwohl der nicht nur für die Fehler in Tirol selbstverständlich mitverantwortlich ist, sondern auch darüber hinaus viele eigene zu verantworten hat.