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Andreas Unterberger (ORF 2 Do, 16.07.2020, 19:30)
Zeit im Bild 1

So infam einseitig ist selbst im ORF noch selten über ein Thema berichtet - besser gesagt Parteipropaganda gemacht worden, wie in diesem ZiB-Beitrag über die angeblichen "zentralen Erkenntnisse" des parlamentarischen Untersuchungsausschusses.

Gleich in der Anmoderation wird behauptet: In diesem Ausschuss sei am heutigen Tag "vor allem die ÖVP neuerlich in die Defensive" gekommen. Schon das ist eine Chuzpe zum Quadrat, war doch davor der Justizsektionschef Pilnacek zur bisher verheerendsten Abrechnung mit dem Verhalten von Rot und Pink aufgefallen, was also keineswegs die ÖVP in die Defensive gebracht hat. Was von der ZiB aber durch das "neuerlich" ins Gegenteil umgekehrt wird, während der aufsehenerregende Pilnacek-Auftritt, bisher einsamer Höhepunkt des Ausschusses, mit keinem Wort in einem Beitrag erwähnt wird, der so tut, als würde er den Ausschuss bilanzieren.

Ein kommentierender ORF-Redakteur tut darauf so, als ob er über die "zentralen Erkenntnisse" des Ausschusses Auskunft geben würde. Es fällt ihm aber nur reine Hetze ein. Er beginnt gleich mit folgendem abenteuerlichen Satz: "Die wichtigste Erkenntnis überhaupt ist, dass die spannende Frage, können sich die Reichen und Mächtigen in diesem Land mit Parteispenden tatsächlich Posten oder gar Gesetze kaufen, weit über das Ibiza-Video oder die Casinos hinausgeht."

Gewaltig. nicht nur wegen der seltsamen sprachlichen Qualität dieses Satzes. Die "Erkenntnis" des ORF besteht also darin, dass eine Frage über ein Video hinausgeht. Eine Frage ist für den ORF offensichtlich eine Erkenntnis. Auf dieser Logik-Ebene kann man allerdings in der Tat zu jeder gewünschten Erkenntnis kommen. Man hat ja eh nur gefragt ...

Zugleich streut man wie ein etwas zu tief auftragender SPÖ-Propagandist die untergriffige Formulierung von den "Reichen und Mächtigen" ein, ohne auch nur mit einer Silbe einen Reichen oder Mächtigen nennen zu können, der sich - mit oder ohne Spende - irgendetwas gekauft oder sonst etwas getan hätte. Sudelhetze pur.

Unmittelbar darauf wird der nächste Satz so eingeleitet wird, als ob er diese Frage-Erkenntnis des ersten Satzes irgendwie beweisen würden: "Da bestätigt zum Beispiel der frühere Verkehrsminister Hofer von der FPÖ, dass Aufsichtsrats-Jobs nach einem fixen Schlüssel zwei zu eins verteilt wurden."

Die Infamie setzt sich damit nahtlos fort: Denn absolut nichts von diesem Satz bestätigt (oder beweist gar), dass sich irgendwelche Reichen und Mächtigen etwas kaufen haben können. Aber mit dem "Da bestätigt" wird so getan, als ob. Hofer hat aber lediglich gesagt, wie sich die schwarz-blaue Koalition die Besetzung der Aufsichtsratsfunktionen aufgeteilt hat (sind die Minister vielleicht die "Reichen und Mächtigen"?). Das ist auch kein "Kaufen", sondern lediglich eben der Schlüssel, wie eine Koalition die Besetzung von Funktionen geregelt hat, die sie eben zu besetzen hat. Kein ORF-Wort natürlich, dass die rot-schwarzen Koalitionen sich alles genauso aufgeteilt haben, halt nur Eins zu Eins. 

Die Untergriffigkeit des ORF ist bis in die kleinsten Formulierungen nachzuweisen: Da wird "verteilt" nicht "besetzt". Da gibt es in von Schwarz-Blau zu besetzenden Aufsichtsräten keine Mitglieder, sondern nur "Jobs", wie wenn es da um einen McDonald's-Tischabwischer ginge. Da sagt man "zum Beispiel", als ob man viele Beispiele hätte, obwohl nicht einmal dieses einzige "Beispiel" irgendetwas von dem im Satz davor Gesagten zu beweisen imstande ist.

Der nächste Satz: "Daran knüpft sich die nicht weniger spannende Frage, was wusste die ÖVP über den möglichen Postenschacher, welche andere bisher geheimen Projekte hat es gegeben."

Nahtlose Fortsetzung der Infamie. Neuerlich werden wieder diffus-düstere Unterstellungen in Frageform in den Raum gestellt. Man wird doch noch fragen dürfen.

Ahnungsvoll und vieldeutig wird da gefragt, was die ÖVP von dieser Zwei-zu-Eins-Aufteilung wohl gewusst haben mag. Mit einem Ton, als ob das ein Verbrechen wäre. Dabei wird die ÖVP ja wohl wissen, was sie selbst so vereinbart hat. Wie eben auch in früheren Koalitionen.

Da wird die Besetzung der von der Regierung zu besetzenden Aufsichtsräte prinzipiell mit der rot-pinken Verächtlichformulierung "Postenschacher" skandalisiert, als ob es den gleichen Vorgang, dass man sich eben einigen muss, immer und überall gibt, wo mehr als ein Eigentümer einen Aufsichtsrat zu besetzen hat. Aber nur bei Schwarz-Blau wird das mit dem Untergriff-Wort "Postenschacher" bezeichnet.

Da wird ähnlich düster von anderen "geheimen Projekten" gesprochen, die so geheim waren, dass sie der ORF erstens nicht nennen kann, und dass sie zweitens gar nicht verwirklicht worden sind.

Auch der unmittelbar folgende nächste Satz passt dazu: "Und da will sich auch der ÖVP-Chef und Bundeskanzler Kurz heute nur mehr vage an diese Abmachungen von damals erinnern."

Die nächsten Untergriffe. Gerade hat man ja nur seine Unheilvolles andeutenden Fragen in den Raum gestellt. Plötzlich sind es - kleiner Zaubertrick - "Abmachungen" und Kurz wird indirekt zum Lügner gestempelt, weil er sich "nur vage" an geheime und nie verwirklichte Projekte erinnern will.

Was brauchen da Rot und Pink noch groß ihre substanzfreien Verschwörungstheorien zu basteln und verkünden. Das kann offensichtlich der ORF doch viel besser.

PS: Weil durch diesen Beitrag diesmal nur die Roten und Pinken bedient worden sind, mussten die Grünen dann einen ausführlichen (und wie immer völlig unkritischen) Greenpeace-PR-Beitrag beikommen. Aber eigentlich muss das gar nicht als Ausgkeich im rot-grünen Proporz gesehen werden: Schließlich bekommt Greenpeace im ORF ja ohnedies täglich seinen Auftritt. Zumindest solange Greta verschollen ist (und vielleicht gar wieder einmal zur Schule geht).