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U.Fischer (Online Sa, 19.09.2020, 17:52)
Barbara Wolschek: Wirbel um Ginsburgs Nachfolge
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Frau Wolschek mag es nicht gefallen, aber sie sollte sich besser über die US-Verfassung erkundigen und weniger darüber mokieren, dass US-Präsident Trump eventuell seine verfassungsrechtlichen Kompetenzen wahrnimmt. Es gibt in der Verfassung keinen Artikel darüber, dass vor oder nach einer verlorengegangenen Wahl ein Richter des Höchstgerichts nicht bestellt werden darf oder nicht bestellt werden soll.

Was die verstorbene Richterin gewünscht hat, ist zudem völlig irrelevant. Denn es gibt diesbezüglich weder von ihr etwas zu vererben, noch besitzen die US-Demokraten eine Erbpacht auf den bisher von Ginsburg gehaltenen Sitz am Höchstgericht.

Die Verfassung sieht vor, dass der Präsident nominiert und der Senat bestätigt. Da beide Institutionen - im Unterschied zu 2016 - von der gleichen Partei besetzt sind, steht einer Nominierung und einer Bestätigung nichts entgegen, sofern auch tatsächlich alle Republikaner im Senat dies wollen, was derzeit ja noch gar nicht gesichert ist. Insofern ist auch Obama zu widersprechen, denn die Voraussetzungen zu 2016 sind unterschiedlich, da auch damals die Mehrheit des Senats von den Republikanern gehalten wurde und er als Präsident Parteigänger der US-Demokraten war. Wenn er sich in seiner Kritik also auf das Recht beruft, dann gilt nicht das, was er sich wünscht, sondern das, was in der US-Verfassung vorgesehen ist.

Die Amtszeit läuft für den Präsidenten (wie auch für ein Drittel der Senatoren) erst im Jänner 2021 ab und auch eine bevorstehende Wahl ändert nichts am Umfang der Rechte und Pflichten von Präsident und Senat bis zu diesem Zeitpunkt.

Abgesehen davon sollte "Expertin" Wolschek die Rechtsprechung der letzten Monate kennen und da war es keineswegs so, dass alle "konservativen" Höchstrichter ausschließlich "konservativ" geurteilt hätten, weder ChiefJustice Roberts noch Justice Gorsuch. Und "auf Jahrzehnte hinaus" ist zudem ohnehin nichts festgelegt. Denn die Richter sind zwar auf Lebenszeit bestimmt, diese wird aber bekanntlich individuell unterschiedlich begrenzt und überdies können Richter jederzeit das Amt aufgeben, wie zuletzt 2018 Justice Kennedy.