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Kurt Ceipek (Ö1 Sa, 17.10.2020, 12:00)
Mittagsjournal

Samstag ist der Tag für das große Interview im Mittagsjournal. Hier ist es sehr oft so, dass der Interviewte während jeder Antwort unterbrochen, abgewürgt oder vom ORF-Interviewer gemaßregelt und belehrt wird. Diesmal war die grüne Klimaschutzministerin Leonore Gewessler „Im Journal zu Gast“ bei Monika Feldner-Zimmermann. Das bedeutete: 16 Minuten lang stellte die ORF-Frau artige Fragen und ließ Frau Gewessler stets ausreden, ohne ihr ins Wort zu fallen. Dabei hätte es echte Gründe zur Unterbrechung gegeben, denn etliche Fragen beantwortete Gewessler weitschweifig und wortreich schwafelnd, ohne wirklich eine Antwort zu geben.

Immerhin wurde gegen Ende des Interviews auch das Thema „politischer Postenschacher“ behandelt. Bekanntlich hatten die Grünen bei früheren Regierungen die Vergabe lukrativer Posten in staatsnahen oder staatlichen Betrieben heftig angeprangert. Die grüne Gewessler brauchte nur wenige Monate, um Aufsichtsräte in ÖBB, Asfinag, Brenner-Basistunnel und anderen Unternehmen auszutauschen, also Postenschacher in gewohnter Manier zu betreiben.

Gewesslers Antwort dürfte bei so manchem Zuhörer für schallendes Gelächter (oder auch für empörte Wut) gesorgt haben. Die Posten seien nicht nach Nähe zu den Grünen, sondern nach der hohen Kompetenz dieser Damen und Herren besetzt worden. Einer der neuen Aufsichtsräte war früher Büroleiter der grünen Tiroler Landeshauptmann-Stellvertreterin, eine war Mitglied der Grünen Bildungswerkstatt, eine weitere war grüne Generalsekretärin in einem grünen Ministerium. Wenn das keine hohe Qualifikation ist?

Die einzige freche Frage der ORF-Frau an Gewessler: „Sie sehen das nicht als Postenschacher?“ Gewesslers Antwort: „Natürlich nicht!“ Wer darüber nicht herzhaft lachen kann, sondern sich über so viel Unverfrorenheit ärgert, sollte zur Schonung seiner Nerven und seines Magens das Hören von ORF-Sendungen tunlichst vermeiden.

Danach kam ein Beitrag über den bestialischen Mord an einem 47-jährigen Geschichtelehrer in einem Vorort von Paris, der von einem jungen Tschetschenen geköpft worden war. Der Täter war laut ORF bezeichnenderweise „ein gebürtiger Russe“. Das ist wahr und dennoch bewusst gelogen.

Nach einem Beitrag über die bevorstehenden Präsidentenwahlen in Bolivien, die man guten Gewissens als Wahlwerbung für den vom Volk vertriebenen sozialistischen Diktator Evo Morales werten könnte, folgte ein Beitrag über den Priester Karl Wallner vom Stift Heiligenkreuz, der Werbung für eine Kandidatin und einen Kandidaten bei den Wiener Gemeinderatswahl gemacht habe.

Diese beiden Politiker sind Mitglieder der „Plattform Christdemokratie“. Dort werden Lebensschutz und ein traditionelles Familienbild groß geschrieben. Wallner hatte auf einem Wahlwerbezettel geschrieben, er unterstütze diese Kandidaten, denn „wenn keine christlichen Kandidaten gewählt würden, dann werden wir eben unchristliche Politiker haben“. Was für ein Skandal – wenn man einen daraus konstruieren will.

Um die Wertigkeiten der Themen „Lehrermord in Paris“ und „Priester spricht sich für die Wahl von Christen“ aus zu verdeutlichen. Die beiden ORF-Beiträge darüber waren jeweils etwa drei Minuten lang.