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Journal-Panorama

oe1, Fr, 26.02.2016, 01:59 | Kurt Ceipek

Mit der Glaubwürdigkeit der Medien befasste sich das Journal-Panorama von Ö1. Das war mutig. Ein wenig versuchte Stefan Kappacher als Gestalter der Sendung das zu einem vor allem deutschen Thema zu machen. Wohl auch in der Hoffnung auf die Vergesslichkeit der ORF-Zuhörer und -Zuseher.

Bei manchen Statements musste man sich fragen, ob die Interviewten wirklich glauben, was sie da erzählen. Den schwersten Schlag erlitten viele Medien nach der unfassbaren Silvesternacht in Köln. Das ZDF geriet damals in ein wahres Trommelfeuer an wütender Kritik, weil es versucht hatte, die Ausschreitungen unter den Teppich zu kehren. Das ZDF musste sich letztlich für sein Fehlverhalten sogar öffentlich entschuldigen.

Kappacher befragte dazu den Chefredakteur der Zeit im Bild, Fritz Dittlbacher, der dazu im Brustton der Überzeugung meinte, seine Redaktion habe rechtzeitig das Richtige getan. Wörtlich sagte er: „Am Dienstag haben wir uns in der Redaktion bereits intensiv damit auseinandergesetzt, wie gehen wir mit der Situation um, die bei so vielen Menschen archaische Ängste auslöst. Wir haben gewusst, das wird eine ganz große Geschichte und wir müssen damit so umgehen, dass bei den Leuten das gute Gefühl entsteht, wir verschweigen nichts.“

Dittlbacher sagte: „Schon am Dienstag.“

Zur Erinnerung: Silvester war am Donnerstag. Und „schon am Dienstag“ hat man sich in der ORF-Redaktion damit auseinandergesetzt? Der genannte Dienstag war der 5. Jänner, also fünf Tage nach der Kölner Skandalnacht und soziale Medien quollen seit Tagen förmlich über vor durchaus glaubwürdigen Berichten über das, was da passiert war. Aber erst in der Mittags-ZiB des 5. Jänner rang sich der ORF erstmals zu der zaghaften Meldung durch: „Wie jetzt bekannt wurde, soll es in Köln in der Silvesternacht zahlreiche Übergriffe, auch sexuelle, auf Frauen gegeben haben.“

Entschuldigt hat sich der ORF dafür nie. Im Gegenteil: Dittlbacher scheint auch noch stolz zu sein. Dittlbacher war übrigens einer jener Journalisten, die vom SPÖ-Zentralorgan Arbeiterzeitung in den ORF gewechselt waren, dem man also eine kritische Haltung gegenüber der SP nicht unterstellen kann. Das färbt auf die gesamte Redaktion ab.

Aber immerhin ließ der ORF in diesem entlarvenden Journal-Panorama auch Kritik zu. Andreas Koller von den Salzburger Nachrichten meinte, erst nach der Horrornacht von Köln seien die meisten Medien zur Überzeugung gelangt, dass man darüber berichten müsse, wenn Asylbewerber etwas anstellen. Davor habe es in Medien eine Verschweigekultur gegeben. „Wenn ein Tiroler oder ein Steirer seine Frau verprügelt, dann steht in der Zeitung, ein Tiroler oder ein Steirer hat seine Frau verprügelt.“ Wenn ein Araber oder ein Afrikaner seine Frau verprügelt habe sei in der Zeitung gestanden: „Mann verprügelte seine Frau.“

Dass der ORF ein Vorreiter der Verschweigekultur war (und wahrscheinlich auch noch ist), scheint Moderator Kappacher offensichtlich nicht bewusst zu sein. Und das dürfte für den weitaus größten Teil der Nachrichtenredaktion des ORF gelten. Deshalb kann man sich als ORF-Seher und Hörer so oft nicht des Eindrucks erwehren, dass in diesen Redaktionen nicht gesundes Selbstbewusstsein, sondern lediglich Selbstgefälligkeit regiert.